Mülheim. . Mülheimer Betriebe haben deutlich mehr Ausbildungsstellen ausgeschrieben. Besonders viele junge Männer wollen eine Ausbildung absolvieren.

Auf neun ausgeschriebene Ausbildungsstellen kommen in Mülheim zehn Bewerber. Der Wert ist weit besser als in Oberhausen (knapp mehr als sechs Stellen auf zehn Bewerber) und liegt leicht über dem NRW-Durchschnitt. Deutlich mehr Lehrstellen – ganze 21 Prozent mehr – gibt es im Vergleich zum Vorjahr.

Diese Zahlen zum Ausbildungsmarkt 2017/18 hat die Arbeitsagentur erstmalig an einer Mülheimer Schule, der Willy-Brandt-Schule in Styrum, unter Beteiligung von Lehrern, des DGB und des Unternehmerverbands präsentiert. Der Bericht legt aber auch offen, dass fast elf Prozent der Stellen unbesetzt geblieben sind. Das ist ein starker Zuwachs, blieb doch 2014/15 lediglich ein Prozent der Azubi-Stellen unbesetzt.

Auch duales Studium im Maschinenbau nicht gefragt

„In einigen Berufen fehlen Bewerber, in anderen Branchen entsprechen die Bewerber nicht den Anforderungen des Betriebs“, erläutert Jürgen Koch, Leiter der Arbeitsagentur. So suchten Unternehmen oft erfolglos nach Verkäufern, Bäckereifachverkäufern sowie nach dualen Studenten im Maschinenbau.

„Häufig unversorgt blieben beispielsweise Kfz-Mechatroniker, auch Kaufleute für Büromanagement“, sagt Koch. Leicht gesunken ist der Anteil der Unternehmen in Mülheim, die mindestens einen Auszubildenden haben. Lag der Wert bei 22 Prozent, so ist er mittlerweile auf unter 20 Prozent gesunken.

DGB kritisiert: Vier von fünf Betrieben bilden nicht aus

„Aus Sicht der Gewerkschaft beteiligen sich mehr als 80 Prozent der Betriebe in Mülheim nicht an der beruflichen Ausbildung junger Menschen“, sagt DGB-Regionsgeschäftsführer Dieter Hillebrand. Im gleichen Atemzug teilt der Gewerkschaftler das Ziel des DGB mit: Jede vierte Firma soll ausbilden. „Nur ein Zusammenspiel zwischen Schule und Betrieben kann das ermöglichen“, fügt Hillebrand hinzu.

Als erfreulich bezeichnet die Arbeitsagentur die Zahlen der Ausbildungssuche bei geflüchteten Menschen. Nur etwa vier Prozent dieser Bewerbergruppe blieben ohne Azubi-Stelle. Die Arbeitsagentur konnte in ihrer Statistik einen merklichen Zuwachs männlicher Interessenten verbuchen, einen Zuwachs von fast sieben Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Hingegen gab es nur etwa zwei Prozent mehr Bewerberinnen.

„Der Anstieg bei den männlichen Azubis geht möglicherweise mit einem Umdenken einher. Wir werben immer wieder dafür, dass Ausbildungen auch im Vergleich zum Studium attraktiv sind“, erklärt Arbeitsagentur-Chef Koch.

Agentur-Chef: Ausbildung steht Studium nicht nach

Dass nicht nur ein Studium den beruflichen Erfolg bringe, darin sind sich alle Beteiligten einig. Andreas Prions hilft als Lehrer und Abteilungsleiter an der Willy-Brandt-Schule Schülern bei der Berufsorientierung. „Alle streben nach dem besten Schulabschluss. Aber die Frage ist dann doch: Was mache ich damit?“, berichtet Prions von seinen Erfahrungen. „Mit einem Ausbildungsberuf kann man seinen Lebensunterhalt sehr gut verdienen. Das unterstützen Eltern oft nicht.“ Stattdessen setzten viele ihre Kinder unter Druck.

„Eltern sollen den Berufseinstieg ihrer Kinder ermöglichen, und dieser geht häufig sehr gut über eine Ausbildung“, sagt Hillebrand. Jürgen Koch will die Attraktivität der dualen Ausbildung steigern. „Der Weg ist, das Missverhältnis zwischen Schulen, Eltern und Firmen aufzuheben und Vorbehalte abzubauen“, sagt der Leiter der Arbeitsagentur.

>> KAUM INTERESSE AN VERKAUFSBERUFEN

Die Arbeitsagentur hat eine Top 10 der unbesetzten Ausbildungsstellen erstellt.

Besonders häufig unbesetzt blieben Ausbildungsstellen für Bäckereifachverkäufer, Verkäufer, aber auch duale Studienplätze für Maschinenbau. Gleiches gilt für Industriemechaniker oder Fachleute für Systemgastronomie.

Ein häufiger Grund ist: Betriebe sind teilweise nicht bereit, das Anforderungsprofil für Ausbildungsplätze zu reduzieren.

Unversorgte Bewerber gab es insbesondere bei Ausbildungen im Büromanagement oder zum Kfz-Mechatroniker. Bewerber sind aber oft auch nicht bereit, überregionale Angebote anzunehmen.