Mülheim. . Acht Monate hat Kirsten Bucchieri um einen Lymphomat für ihre kranke Tochter gekämpft. Zwei Tage nach Anfrage der Presse kam die Zusage der AOK.

Im Februar 2018 hat Kirsten Bucchieri für ihre Tochter Helena ein Kompressions-Therapiegerät bei ihrer Krankenkasse beantragt. Die Zusage bekam sie erst am vergangenen Freitag. Obwohl die Essener Universitätsklinik, eine Physiotherapiepraxis und eine Reha-Klinik das Gerät für die 28-Jährige empfohlen haben. Doch bis zur Genehmigung dauerte es über acht Monate – dazwischen lagen eine Ablehnung, ein Widerspruchverfahren, in dem der Medizinische Dienst ablehnte, und schließlich eine Anfrage dieser Redaktion bei der Krankenversicherung AOK Rheinland/Hamburg.

„Krankenkassen sind doch da, um kranken Menschen zu helfen. Ich beantrage so ein Gerät ja nicht, wenn ich es nicht brauche“, beklagt Kirsten Bucchieri.

Patientin musste sich alternativer Therapien bedienen

Helena Bucchieri leidet unter einer Gliedergürtelmuskeldystrophie, einer progressiven Muskelkrankheit. Sie ist auf einen Rollstuhl angewiesen, muss beatmet werden. Das Sitzen im Rollstuhl erschwere den venösen Rückfluss des Blutes zum Herzen, was durch ein Kompressions-Therapiegerät gelindert werden könnte. Zur Behandlung hat Helena Bucchieri stattdessen seit einigen Monate eine manuelle Lymphdrainage bekommen. Zudem wird sie mit Kompressionsstrümpfen therapiert. „Die können nur unter großer Anstrengung und mit Schmerzen angezogen werden“, erklärt Kirsten Bucchieri.

Eine Physiotherapie-Praxis empfahl der Familie das Kompressionsgerät, in dem Fall einen Lymphomat. Der wurde am 13. Februar 2018 bei der AOK Rheinland/Hamburg beantragt. Die Versicherung lehnte ab, Kirsten Bucchieri legte Widerspruch ein und schickte außerdem Gutachten von Universitäts- und Rehaklinik mit. „Der hier eingesetzte Lymphomat wird wegen häufiger Beinödeme dringend empfohlen“, heißt es in einem Schreiben. Daraufhin zog die Versicherung den Medizinischen Dienst (MDK) zu Rate. „Die haben nur auf Aktenlage entschieden und sind nicht rausgekommen, um sich Helena oder die Situation vor Ort anzuschauen“, erläutert Kirsten Bucchieri.

Medizinischer Dienst lehnte Kostenübernahme ab

Das bestätigt auch eine Sprecherin der AOK Rheinland/Hamburg: „Der MDK ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die medizinischen Voraussetzungen für die Kostenübernahme nicht erfüllt sind. Die Beurteilung durch den MDK erfolgt in vielen Fällen nach Aktenlage [...] Ob zusätzlich dazu noch eine persönliche Untersuchung notwendig ist, entscheidet der MDK letztendlich selbst.“

Eine Entscheidung, die Bucchieri nicht nachvollziehen kann. Auch auf ihre Bitte, die Situation vor Ort zu begutachten, ging die AOK Rheinland/Hamburg nicht ein. So blieb Familie Bucchieri nur noch die Option, vor das Sozialgericht zu ziehen.

AOK spricht von einer Einzelfallentscheidung

Statt ans Sozialgericht wandten sich Mutter und Tochter am vergangenen Mittwoch an diese Redaktion. Nach einer Anfrage bei der AOK-Pressestelle am Donnerstag erhielt Helena Bucchieri am Freitag die Kostenzusage, die die Versorgung mit dem Lymphomat kurzfristig möglich machen soll. Auf die Frage, warum die AOK Rheinland/Hamburg dem Antrag so kurz nach der Presseanfrage zustimmt, heißt es von einer Sprecherin: „Bei dieser Entscheidung handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung, die wir nach erneuter Prüfung mit Blick auf die Schwere der Erkrankung und den allgemeinen Gesundheitszustand unserer Versicherten getroffen haben.“ Die Entscheidung, so die Sprecherin weiter, sei in erster Linie aus medizinischen Gesichtspunkten getroffen worden. „Kostengründe spielen hierbei keine Rolle.“

Wie viel das Kompressions-Therapiegerät kostet, verriet die AOK Rheinland/Hamburg nicht. Kirsten Bucchieri meint jedoch, von einem Preis zwischen 2000 und 3000 Euro gehört zu haben. „Wir sind wirklich erleichtert, nun die Kostenzusage zu haben. Trotzdem frage ich mich, warum wir erst die Presse einschalten mussten und das Gerät nicht direkt genehmigt wurde, obwohl wir die Empfehlung von Ärzten und Therapeuten hatten“, so Kirsten Bucchieri.