Mülheim. . Bei dem Kunstprojekt kann, wer will, eine Wohnlandschaft künstlerisch gestalten. Wer macht mit und was bringt eine Teilnahme?
Die kleine Kuhle im Holz wird immer tiefer, feine Späne splittert die Graviermaschine ab. „Das ist Meditation für mich“, sagt Gigi Mooren. Sie hat vor wenigen Tagen das Fräsen für sich entdeckt. „Hingabe, Leidenschaft, Loslassen“: Auf ein Holzschränkchen bringt die 48-Jährige Worte und Ideen auf, die ihr Zuversicht spenden. „Diese haben mir in Zeiten einer Depression geholfen“, sagt sie. Gigi Mooren nimmt an einem Workshop des Kunstprojekts „Art Shop“ teil. Veranstalter ist der Verein Art Obscura. Jeder kann mitmachen, gratis, spontan oder nach Anmeldung.
Die gesamte für den „Art Shop“ angemietete Ladenfläche an der Schloßstraße stellt eine Wohnung dar. In einer Ecke ist das Wohnzimmer, im Eingangsbereich das Esszimmer, nahe eines Schaufensters ein Schlafzimmer mit Doppelbett.
Aus Gelsenkirchener Barock wird etwas ganz Neues
Alles soll hier anders, durch Kunst transformiert werden. Künstlerin Kirsten Uecker, die den Workshop Survival Art, also Überlebenskunst, leitet, malt am liebsten mit nackten Händen. „Mit der Kunst hauchen wir alten Möbeln neues Leben ein. Anfangs hatte ich Beklemmungen, als wir die Möbelstücke, Marke Gelsenkirchener Barock, in den Laden brachten“, erinnert sich Kirsten Uecker. Derweil tunkt Wolfgang Ockenfels einen flachen Pinsel in einen Flatschen grüner Farbe und bestreicht damit immer wieder einen Sessel. Ehemals Gelsenkirchener Barock, hat jede Seite dieses Se
ssels eine andere Grundfarbe: gold, pink, grün. Das werdende Kunstwerk ist ganz schön politisch. Ockenfels hat sich mit dem Hambacher Forst auseinander gesetzt.
„Die Regierung, die Wirtschaft wollten, dass möglichst schnell der Wald abgeholzt wird. Das gefällt mir überhaupt nicht“, erläutert der 56-Jährige. Ein Sesselareal zeigt zwei Menschen nebeneinander, sie halten sich an der Hand. „Das ist eine Menschenkette“, sagt Ockenfels. An anderer Stelle: „Friede“ und „Peace“ auf grünem Hintergrund. Bei all den Farben hat sich Ockenfels was gedacht, zum Beispiel bei der Farbe Gold. „Menschen, die es geschafft haben, die sitzen auf Gold“, sagt der 56-Jährige. Geld und Gold seien wichtig in unserer Gesellschaft, zu wichtig.
Kunst macht Ockenfels regelmäßig seit etwa drei Jahren, und das tut ihm, der nach eigenen Angaben schwere Schicksalsschläge einstecken musste, gut. Auch seine Frau Carola Ockenfels verwirklicht die Idee von einer naturnahen Wirklichkeit im „Art Shop“. Carola Ockenfels verwandelt den Esstisch in eine Blumenwiese. Zunächst trägt sie auf den gesamten Tisch eine hellgrüne Farbe auf, dann lässt sie darauf Kamillenblumen sprießen. Am Tisch stehen bereits fein säuberlich zwei rote Stühle, der eine mit Glitzersternen verziert, bei dem anderen ist das Holz teilweise zu sehen. Christiane Creutzburg hat feuerrote Farbe auf die Stühle aufgetragen. „Die würde ich mir auch in die Wohnung stellen“, sagt die 53-Jährige über ihre Werke.
„Diese Leichtigkeit, einfach zu machen, das ist schon was ganz Besonderes“, lobt Workshopleiterin Uecker. Am liebsten würde Gigi Mooren den Schrank behalten, doch die Kunstwerke werden gegen eine Spende oder ein gutes Argument am 27. Oktober versteigert.
>>Die Kunstaktion „Art Shop“ dauert bis Samstag, 27. Oktober, und besteht aus einer Workshopphase bis Freitag, 12. Oktober. Darauf folgen Veranstaltungen. Der Eintritt ist frei.
Anmeldungen für Workshops – auch am selben Tag – bei Heike Motikat: 0177 599 10 31 oder via E-Mail-Adresse artobscura@yahoo.de.