Mülheim. Wolfgang Hausmann initiiert einen chilenischen Abend in Mülheim-Heißen. Mit dabei ist ein Musiker, der harte Zeiten in Südamerika erlebte.

Es dürfte ein runder Abend voller rebellischer Lieder und Mythen, feinsinniger Prosa und auch schmerzlich-süßer Erinnerungen werden: Am 11. September 1973 stürzte das chilenische Militär den gewählten Präsidenten Salvador Allende. Ein sozialistischer Traum brach abrupt zusammen, die Unterstützer gingen in den Untergrund. Wolfgang Hausmann will am Donnerstag, 20. September, an die geistigen Begleiter dieser bewegten Zeit der Unidad Popular – die chilenischen Schriftsteller Pablo Neruda und Sänger Victor Jara – erinnern. Dazu begleitet der Chilene Pedro Pablo und seine Gruppe Piray mit lateinamerikanischen Folk-Stücken und Protestsongs.

„Ich bekenne, ich habe gelebt!“, hat Neruda, ein enger Freund Allendes, Kommunist und Nobelpreisträger, in seinen Memoiren niedergeschrieben. Er hat den Blick auf Lateinamerika mit geprägt. Besonders seine Ode an die Zwiebel – die Speise der einfachen Leute – machte ihn zum beliebten Schriftsteller. „Aber erreichbar den Händen des Volkes und beträufelt mit Öl, bestreut mit ein wenig Salz, tötest du den Hunger des Tagelöhners auf mühsamem Wege.“

Musiker verliert seinen Job in Chile

Nicht nur im Zeichen der beiden berühmten Chilenen Neruda und Jara steht der Abend im evangelischen Gemeindezentrum am Knappenweg 28. Einer, der diese Zeit ebenso miterlebte, ist der Musiker Pedro Pablo aus Valparaiso: „Als ich von dem Tod Allendes erfuhr, ging ich als Musiker in den Widerstand“, erzählt der Mülheimer Exil-Chilene. Pablo verlor seinen anderen Job als Lehrer, er wurde wegen seiner Lieder von Militäranhängern von der Bühne geholt, landete mehrfach „im Knast“. 1975 floh er nach Argentinien, dann putschte das Militär auch dort: „Ich habe mich gefragt, ob mir das nicht hinterher reist...“ – seinen Optimismus und seinen Humor hat sich der Musiker offenkundig bewahren können. Später konnte Pedro Pablo durch einen Kontakt zu dem Sohn eines Diplomaten fliehen. Auch andere Musiker-Freunde konnten diesen Fluchtweg nutzen.

Begegnung in Oberhausen

Auf einem Chile-Abend im vergangenen Jahr im Oberhausener Sozio-Kulturzentrum K14 trafen Wolfgang Hausmann und Pablo zusammen. Die Idee zur musikalischen Lesung im Gemeindezentrum Knappenweg war geboren. Auch Pfarrer Hans-Joachim Norden war von der Idee begeistert: „Wir haben vor vielen Jahren immer wieder Solidaritätsabende für Nicaragua und Chile veranstaltet.“

Pedro Pablo, der übrigens die Charango – ein kleines Saiteninstrument aus Bolivien – spielt, hat für den Abend am 20. September noch einmal „seine Jungs“ von damals zusammengetrommelt. Piray haben sie sich getauft, nach dem Fluß in Bolivien und in Erinnerung an Che Guevara. Auch Pablos Tochter ist als Sängerin dabei – „wir schmettern gemeinsam Protestlieder“, sagt der Chilene mit vielsagendem Lächeln und etwas Stolz.

Für Hausmann geht es jedoch um mehr als nur linke Nostalgie. Es gehe ebenso um eine hochaktuelle politische Debatte: „Für mich sind die Ex-Chilenen die ersten politischen Flüchtlinge außerhalb der EU“ – es passe daher in die heutige Zeit, wo Geflüchtete wieder verfolgt werden.