Mülheim. . Hajo Plückers sammelt historische Wertpapiere, darunter Bergbauaktien. Die Geschichte über ihn ist der Auftakt unseres Projekts „Mehr als Kohle“.
Wie Gemälde sehen sie auf den ersten Blick aus, und manche haben Hajo und Doris Plückers auch tatsächlich zu Hause dekorativ an den Wänden hängen. Wertvoll wie Werke alter Künstler sind diese Papiere allemal, immerhin sammelt Hajo Plückers seit fast 50 Jahren historische Wertpapiere, darunter zahlreiche Bergbauaktien.
Diese Geschichte gibt's hier als Multimedia-Reportage
„Ein Tausend Reichsmark“ steht in gestochener Schrift auf der grafisch kunstvollen Gründeraktie des Mülheimer Bergwerkvereins aus dem Jahre 1898. Das Papier scheint bereits brüchig zu sein, es liegt geschützt in einer Kunststoffhülle. In großen Alben bewahrt Hajo Plückers seine papierenen Schätze auf – meterweise lagert er sie im heimischen Keller.
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„Das war mal unser Partykeller“, schiebt Ehefrau Doris ein, die das Hobby, das für ihren Mann längst mehr ist als das, mit lebt. Mittlerweile betreiben sie gemeinsam ein Versandantiquariat für historische Wertpapiere.
Von bedeutenden Wirtschaftspionieren unterzeichnet
Der Heißener hat sich auf die Sammlung von historischen Dokumenten aus dem Ruhrgebiet spezialisiert. Viele der Papiere, die er in Jahrzehnten zusammengetragen hat, sind von bedeutenden Wirtschaftspionieren wie August und Josef Thyssen, Hugo Stinnes, Wilhelm Grillo oder Franz Haniel unterzeichnet. Beruflich im Bankwesen und Börsengeschäft zuhause, kam Hajo Plückers schon 1970 in Kontakt mit historischen Wertpapieren.
„Da habe ich mich infiziert“, sagt der heute 70-Jährige und grinst. Ganz groß stieg der Mülheimer schließlich ein, als die Bundesrepublik Deutschland zwischen 2003 und 2008 alte Papiere versteigerte, die, so Plückers, „noch in der Reichsbank lagen und die Adolf mit nach Berlin gebracht hatte“. Die Reichsbank lag im Osten der Stadt, erst nach der Wiedervereinigung wurden Berge von Unterlagen freigegeben.
Schätze aus Papierbergen gerettet
12,5 Millionen Exemplare kamen insgesamt zur Versteigerung. „Zum Großteil 08/15“, urteilt Plückers. Er muss es wissen: Kistenweise schleppte er damals ersteigerte Papiere heraus, mietete Transporter an, um die Unterlagen nach Mülheim zu karren, erinnert sich seine Frau. Neben Altpapier im wahrsten Wortsinn steckte aber auch so manches Schätzchen in dem Papierberg. Und so wurde der Partykeller schließlich zur Schatzkammer.
Etwa ein von Friedrich Grillo und Emil Kirdorf unterschriebener Kuxschein des Steinkohlen-Bergwerks Erin in Castrop-Rauxel – unterzeichnet im Oktober 1887. „Kuxschein Nr. 1 über 995 Kuxe habe ich in meiner Sammlung“, sagt Plückers über das Papier und fügt hinzu: „Nr. 2 über 5 Kuxe habe ich in einer Ausstellung auf Zollverein gesehen. Mehr gibt es nicht, da die Gewerkschaft in 1000 Kuxe eingeteilt war.“
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Doppelurkunde des Steinkohlen-Bergwerks Dahlbusch
Die Seltenheit mache den Wert eines Stücks aus. Über die Doppelurkunde des Gelsenkirchener Steinkohlen-Bergwerks Dahlbusch – zu trauriger Bekanntheit gelangt durch die Schlagwetterexplosion im Sommer 1955, bei der 42 Bergleute ums Leben kamen – aus dem Jahr 1873 sagt Plückers: „Ich freu mich noch heute, dass ich diese Urkunde habe.“ Das Besondere daran: Sie ist auf Deutsch und auf Französisch ausgestellt, weil das Bergwerk auch mit belgischem Kapital gegründet wurde.
Plückers fing mit seinem Hobby an, als das Internet noch beinahe Science Fiction war. „Ich habe in Firmenarchiven und Museen recherchiert.“ Heute besitzt er rund 2500 Exemplare – nicht nur Aktien von Bergwerksgesellschaften, sondern beispielsweise auch US-Anleihen deutscher Firmen oder historische Wertpapiere aus der Textilindustrie sowie Anleihen von Städten. Die Sammlerwut treibt ihn an, inzwischen ist er rund um den Globus vernetzt – das Internet erleichtert das.
Sein Ansporn, auch nach 40 Jahren weiterzumachen? „Ich grabe gerne bei Titeln, bei denen die Geschichte nicht so offensichtlich ist“, sagt Plückers und klappt das großformatige Album zu in dem Wissen, ein Großaktionär in Sachen Bergbau zu sein.