Mülheim. . Das Krankenhaus ist eines von bundesweit 281 zertifizierten Zentren. Warum riesiger Aufwand und strenge Kontrollen Vorteile für Patienten bringen.
Knapp 90 Patienten operiert das Darmkrebszentrum Mülheim pro Jahr. Rund 30 davon mit Mastdarmkrebs, rund 60 mit Dickdarmkrebs. „Die Zahl der Patienten ist im Moment gesättigt“, weiß Hein-Jochen Gassel, Leiter des Darmkrebszentrums und Chefarzt der Chirurgischen Klinik. Doch das Zentrum unterliegt strengen Vorgaben, worunter auch die Zahl der Operationen fällt. Sonst verliert es sein Zertifikat.
Das evangelische Krankenhaus (EKM) ist stolz, eines der bundesweit 281 zertifizierten Darmkrebszentren zu sein. Die Vorteile belegt nun eine Studie der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) mit Zahlen: Im Vergleich zu nicht zertifizierten Darmkrebszentren verbessert sich die Überlebenschance auf drei Jahre gesehen um acht Prozent (auf 71,6 %) und die 30-Tage-Sterberate sink um mehr als fünf Prozent (auf 7,4 %). Außerdem halbiert sich die Krankenhaussterblichkeit (auf 2,6 %). „Das sind gute Zahlen, die zeigen, dass wir uns gegenüber nicht zertifizierten Zentren signifikant verbessern“, betont Gassel.
Auch für die Kostenträger günstiger
Er fordert daher auch, dass sich Patienten nur noch in den speziell ausgewiesenen Zentren behandeln lassen. „Es ist auch für die Kostenträger günstiger, wenn wir Qualität anbieten können“, merkt er an. Dazu gehören teure medizinische Geräte, zur Untersuchung und OP. Eine Station für die Schlüssellochchirurgie kostet beispielsweise 150 000 bis 200 000 Euro in der Anschaffung. Für ein Gerät zur Nervenmessung, um Verletzungen festzustellen, müssen rund 100 000 Euro investiert werden. Und ein MRT-Gerät geht in die Millionenhöhe. Im Juni hat das EKM erst ein hochwertiges MRT-Gerät in Betrieb genommen.
Festgelegte Zahl an OPs pro Jahr
Gefordert wird von der DKG im Falle eines Zertifikats auch eine komplizierte OP-Technik für den Bereich des Mastdarms. Dies ist nicht die einzige Voraussetzung. Wie schon erwähnt, muss eine festgelegte Zahl an OPs im Jahr durchgeführt werden: mindestens 20 für den Bereich des Mastdarms und 30 für den Bereich des Dickdarms. „Sinken sie Zahlen, werden die Zentren geschlossen. Perspektivisch gesehen wird deren Zahl sinken, weil die Zahl der Patienten gesättigt ist“, erklärt Gassel, in dessen Augen es keinen Sinn macht, nur zehn Patienten zu behandeln, während nicht zertifizierte Kliniken vielleicht 80 Patienten operieren.
Zudem sei der Aufwand dahinter bei zu niedrigen Patientenzahlen zu groß. Denn das Team um einen Patienten, was vorgeschrieben ist, sei riesig. Allein an einer sogenannten Tumorkonferenz im Vor- und Nachgang einer OP sind 25 Ärzte beteiligt. Sie entscheiden im Team, wie im Einzelfall vorgegangen wird. „Das wird in einem Protokoll festgehalten und danach muss sich jeder richten. Der Patient kann so genau den Faden verfolgen“, sagt der Chefarzt. Bis zu zwölf Konferenzen gebe es in einer Woche.
Kontrolle anhand von Kennzahlen
Die DKG kontrolliert die Vorgaben einmal jährlich. „Die Kontrolle ist sehr streng. Kennzahlen werden abgeglichen und wer sie nicht erfüllt, muss sich erklären“, erzählt Gassel, der dieses Verfahren allerdings begrüßt. Denn dadurch erhöhe sich die Aufmerksamkeit bei der Behandlung des Patienten.
Die seien mittlerweile gut aufgeklärt, die Zahl der Darmspiegelungen steigt, nicht nur in Mülheim. „Wir appellieren, dass sich Menschen ab 50 Jahren spiegeln lassen sollten“, so Gassel, der im Übrigen auch einer 24-Stunden-Bereitschaft unterliegt, wenn nach der OP und vor einer möglichen Chemotherapie Komplikationen auftreten.
>> VORGEHENSWEISE
Wird bei der Untersuchungen im Vorfeld der OP ein Tumor im Bereich von Leber und Lunge entdeckt, muss er nach dem Zertifikat zunächst chemotherapiert werden, bevor
die Darmkrebs-OP erfolgt.
Bei einer neuen Form der Chemotherapie werden Antikörper eingesetzt, die nur die Krebszellen treffen.