Mülheim. . Die Ruhrbahn plant, sich in Zukunft elektrischer aufzustellen. In Mülheim könnte 2020 der erste E-Bus im Linienbetrieb durch die Stadt rollen.

In Zeiten drohender Diesel-Fahrverbote macht sich die Ruhrbahn Gedanken darüber, wie sie in Zukunft ihre Busse und Bahnen durch Mülheim rollen lässt. Ein erstes Experiment mit einem batteriebetriebenen Bus gab es im April und Mai schon. Aus Sicht der Ruhrbahn war es durchaus erfolgreich, auch wenn der Bus „so wie er war nicht einsetzbar“ gewesen sei, wie Martin Dreps, Bereichsleiter Fahrzeugtechnik der Ruhrbahn sagt. „Die Türen zum Beispiel müssen wegen einer neuen Norm ausgetauscht werden. Außerdem war zu wenig Platz für Kinderwagen, und der Bus braucht mehr ebenerdige Sitzmöglichkeiten“, listet Dreps die Kritikpunkte an dem Bus auf.

Die Serie „Mobilität Mülheim – Zukunft in Bewegung“
Die Serie „Mobilität Mülheim – Zukunft in Bewegung“ © Oliver Schäfer

Bei dem Test sei es darum gegangen, zu schauen, was der Bus können muss, um ihn auf Essens und Mülheims Straßen rollen zu lassen. Derzeit werde das Fahrzeug des spanischen Herstellers Irizar angepasst, für November plant die Ruhrbahn einen weiteren Test, bei dem der Bus dieses Mal in den Fahrgastverkehr eingebunden werden soll – jedoch nicht im Regelbetrieb einer bestimmten Linie, sondern als Zusatz.

450 000 Euro kostet ein E-Bus

Wie es nach dem zweiten Test mit dem Projekt Elektrobus weitergeht, ist noch offen. Ziel sei es, klimafreundliche Antriebstechnologien voranzutreiben. „Wir warten den zweiten Test ab. Wenn er gut verläuft, dann können wir anfangen, mit den Städten das Finanzielle zu klären“, sagt Dreps. Denn ein E-Bus ist nicht gerade günstig. Etwa 450 000 Euro kostet ein einziges Fahrzeug. Hinzu kommen noch die Kosten für die Infrastruktur, also Ladesäule und Strom. Wenn nur ein paar elektrische Busse im Betrieb seien, verursache das hohe Kosten. Einen gewissen Teil müssten die Städte dementsprechend aufbringen, damit das System finanziert werden könne, so Martin Dreps.

Berlin macht es vor: Ladestationen für E-Busse auf der Linienstrecke. Bei der Ruhrbahn wäre es momentan erst mal nur auf dem Betriebshof möglich.
Berlin macht es vor: Ladestationen für E-Busse auf der Linienstrecke. Bei der Ruhrbahn wäre es momentan erst mal nur auf dem Betriebshof möglich.

Sollte alles klappen, der nächste Test positiv verlaufen, die Finanzierung stehen und die Busse rechtzeitig ausgeliefert sein, könnten ab 2020 die ersten E-Busse auf jeweils einer kurzen Linie durch Mülheim und Essen fahren. In Mülheim hat die Ruhrbahn dafür die Linie 135 vom Nordhafen zum Hauptbahnhof im Blick. Auf dem Betriebshof an der Duisburger Straße könne man theoretisch bereits jetzt schon Busse aufladen, es müsse jedoch ein Management geschaffen werden, in dem klar sei, wann welcher Bus geladen werden müsse.

Ab 2022 auch längere Linien mit E-Antrieb denkbar

Die Planungen gehen noch weiter: „2022 ist es denkbar, dass auch längere Linien mit E-Bussen bedient werden können“, erklärt Dreps. Nur: Diese müssten unterwegs geladen werden, denn auch wenn sich die Technologie in den kommenden Jahren noch stark weiterentwickeln kann – die Reichweiten werden höchstwahrscheinlich immer noch geringer sein, als die eines herkömmlichen Dieselbusses.

„Während der Wendezeit würden nur wenige Minuten zum Aufladen bleiben“, sagt Dreps. Zu wenig also, um die Energie wiederherzustellen. Die eine Möglichkeit wäre, mehr Busse auf einer Linie einzusetzen, doch das treibt die Kosten in die Höhe. Eine andere Option ist, den Strom für den Bus mit Wasserstoff direkt an Bord herzustellen.

Martin Dreps von der Ruhrbahn.
Martin Dreps von der Ruhrbahn. © Socrates Tassos

Grundsätzlich könne Wasserstoff für die Ruhrbahn noch von großer Bedeutung werden. Durch die Tankstelle am Rhein-Ruhr-Zentrum besteht immerhin schon etwas In­frastruktur, um Busse mit Brennstoffzellenantrieb durch die Stadt fahren zu lassen. Auf einer Fachmesse habe er solche Fahrzeuge schon gesehen: „Im Moment sind die Busse elektrisch. Doch wenn sich die Technik weiterentwickelt, kann bei diesen Modellen später einfach eine Brennstoffzelle eingesetzt werden. Der Bus lässt sich umrüsten. Beim Umstieg zu Wasserstoff müssen so nicht erst noch neue Fahrzeuge gekauft werden“, erklärt Martin Dreps den Vorteil. Wieder verwenden anstatt neu kaufen lautet die Devise.

Andere Städte in Deutschland sind allerdings schon weiter, wenn es um Experimente für die Zukunft geht. Während die Ruhrbahn im Bereich E-Mobilität experimentiert, düsen durch andere Städte schon kleine, selbstfahrende Busse.

Die nächste Stufe: Selbstfahrenden Kleinbus per App bestellen

Auch in anderen Städten laufen Tests mit selbstfahrenden und elek­trischen Bussen. In Mainz rollt seit dem 7. August der Elektrokleinbus „Emma“ am Rheinufer entlang. Auf der Rheinpromenade am Winterhafen testet die Verkehrsgesellschaft Mainzer Mobilität, wie tauglich ein selbstfahrender Bus in der Praxis ist. Die Bürger sind Teil des Experiments: Wer möchte, kann zu bestimmten Zeiten auf einem der acht Sitze Platz nehmen und an einer wissenschaftlichen Befragung teilnehmen. Anders als in Essen und Mülheim wird bei dem Versuch die psychologische Komponente erforscht: Wie reagieren Passanten und Fahrgäste auf den selbstfahrenden Bus und akzeptieren sie ihn, das sind die zentralen Fragen.

Allerdings fährt der Bus wie in Essen nicht völlig unkontrolliert. Eine Begleitperson ist an Bord, um die Sensoren und Bildschirme zu überwachen. Die Strecke ist in das Computersystem einprogrammiert.

Monitore zeigen an, wie viele Plätze noch frei sind

Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) testeten 2015 vier E-Busse im Betrieb, die ohne Kabel über elek­tromagnetische Induktion (siehe Glossar) an der Endhaltestelle innerhalb weniger Minuten aufgeladen werden konnten.

Auch selbstfahrende Kleinbusse kamen schon zum Einsatz, derzeit forschen die BVG, die Deutsche Bahn und das Europäische Energieforum daran, den Kleinbus per App bestellen zu lassen. Damit ist das Fahrzeug nicht auf eine Strecke und einen Fahrplan beschränkt. Sollte das Projekt erfolgreich sein, wird es laut BVG auch auf öffentliche Straßen ausgeweitet.

Seit Juni verfolgen die BVG ihr nächstes Projekt: „Bus To The Future“ heißt das Konzept, das, so die BVG, ein „Vorgeschmack auf die Zukunft“ sein könnte. Monitore in einem Doppeldeckerbus zeigen an, wie viel Platz im Oberdeck ist.

U-Bahnen ohne Fahrer sind in Nürnberg Alltag

In Nürnberg ist die fahrerlose U-Bahn bereits seit zehn Jahren unterwegs. Von der Frontscheibe aus lässt es sich in den Tunnel blicken.
In Nürnberg ist die fahrerlose U-Bahn bereits seit zehn Jahren unterwegs. Von der Frontscheibe aus lässt es sich in den Tunnel blicken. © dpa

Dort sind Panoramafenster verbaut. Außerdem gibt es eine „tageszeitgesteuerte Wohlfühlbeleuchtung“, Leselampen, USB-Ladestationen für das Smartphone und LED-Gangbeleuchtung. Mit diesen Extras möchten die BVG herausfinden, wie das Busfahren für Fahrgäste angenehmer gemacht werden kann. Was sich dort bewähre, so die Pressemitteilung, könne zukünftig in anderen Fahrzeugen ebenfalls eingesetzt werden.

Was für andere Städte klingt wie Science-Fiction, ist in Nürnberg Alltag. Dort sind die U-Bahnen zum Teil ohne Fahrer unterwegs. Vor zehn Jahren noch als „Geisterzüge“ verschrien, fahren heute 37 fahrerlose Züge durch die Stadt.

>> Glossar

Elektromagnetische Induktion ist ein physikalischer Prozess, bei dem ein elektrischer Leiter in einem Magnetfeld bewegt wird. Dadurch entsteht elektrische Spannung. Die bekannteste Anwendung dieser Methode ist der Induktionsherd, bei dem die Energie direkt in den Boden des Kochtopfes übertragen wird und sich dort erhitzt. Das Kochfeld bleibt hingegen kalt.

Emma heißt der Kleinbus der Mainzer Mobilität. Das Wort ist die Abkürzung für „Elektromobilität Mainz autonom“. Das Fahrzeug ist in etwa so groß wie ein normaler Transporter. Voll aufgeladen reicht die Batterie nach Angaben der Mainzer Mobilität für bis zu neun Stunden.