Mülheim. . 2009 erschien der letzte Verkehrsentwicklungsplan. Ein Nachfolger ist in Arbeit: Der neue Mobilitätsplan setzt auf Optimierung des Bestands.
Stau auf der Eppinghofer Straße, hohe Abgaswerte auf der Aktienstraße und starker Lärm auf der Leineweberstraße: Diese Probleme im Mülheimer Straßenverkehr möchte die Stadt jetzt angehen.
Neun Jahre sind vergangen, seit der letzte Verkehrsentwicklungsplan (VEP) erschien. Darin präsentierte die Stadt ihre Vorstellungen zur Verkehrsplanung der kommenden Jahre. In der Zwischenzeit ist viel passiert: Elektromobilität, Bikesharing – diese heute so wichtigen Themen waren damals mit keinem Wort erwähnt. Schon vor zwei Jahren forderte die CDU einen neuen Plan. In diesem Jahr wird es soweit sein. Allerdings wird er deutlich anders aussehen als sein Vorgänger.
Das neue Konzept wird zurzeit unter dem Namen „Mobilitätsplan“ entwickelt. „Es geht darum, den Bestand zu optimieren“, sagen Roland Jansen und Christof Löchteken vom städtischen Amt für Verkehrswesen und Tiefbau. Statt Umgehungsstraßen zu bauen, soll der Schwerpunkt auf den Themen Klimaschutz und Umwelt liegen. Zusätzlich sollen Bürger nicht durch restriktive Maßnahmen zu einem bestimmten Verhalten gezwungen werden. Vielmehr ist gedacht, sie aktiv in die Planungen mit einzubeziehen.
Autoverkehr soll reduziert werden
„Wenn man eine Straße plant, hat sie teilweise signifikante Auswirkungen auf die unmittelbare Umgebung. Für Mülheim insgesamt hat sie aber vielleicht keine allzu große Bedeutung“, sagt Löchteken. „Eine neue Straße bauen bedeutet, dass auch neuer Verkehr geschaffen wird“, ergänzt Jansen. „So wird Mülheim sein Verhalten nicht ändern.“ Ziel sei es, den Autoverkehr in Mülheim insgesamt zu reduzieren.
Mit 92 119 gemeldeten Pkw zum 1. Januar 2018 gehört Mülheim zu den Städten in NRW mit der höchsten Autodichte. Auf 1000 Einwohner kommen 544 Autos. Beide Werte sind in den vergangenen Jahren gestiegen: Zum 1. Januar 2009 waren 84 672 Pkw gemeldet (8,8 Prozent weniger als 2018), was eine Dichte von 501 Autos pro 1000 Einwohner ausmachte.
Weniger Stau, Lärm und Abgase
Damit Mülheimer nicht mehr für jede kurze Fahrt ins Auto steigen, sieht der neue Mobilitätsplan fünf Pakete vor, die in den kommenden Jahren für weniger Stau, Lärm und Abgase sorgen sollen. Dies sind lediglich Vorschläge und Ideen. Ein Gutachter soll bis Ende Juli feststellen, welche dieser Maßnahmen sinnvoll sind. Auf dieser Grundlage wird entschieden, ob die vorgeschlagenen Ideen weiter verfolgt werden. Diese fließen dann in den energetischen Stadtentwicklungsplan ein. Erscheinen soll der Plan im Laufe des Jahres. Ein konkretes Datum wollten die Verkehrsplaner noch nicht nennen.
- Sofortmaßnahme für die Aktienstraße: Um Fahrverbote zu vermeiden, wird unter anderem überlegt, ob der Takt der Linie 104 verdichtet werden soll. Eine andere Idee ist, die Fahrstreifen von aktuell vier auf zwei zu reduzieren.
- In einem größeren Umfang soll getestet werden, ob eine veränderte Ampelschaltung in der Stadt zu weniger Lärm- und Luftverschmutzung führen kann. Der Gutachter soll auch prüfen, was das kosten würde.
- Das dritte Paket dürfte bei einer Umsetzung die meisten Baustellen verursachen: Mit „Mobilmanagement“ ist ein Ausbau bzw. eine Umgestaltung von mindestens drei für Mülheim wichtigen Verknüpfungspunkte gemeint. Mögliche Orte dafür sind der Hauptbahnhof, Broich Mitte und die Haltestelle Alte Straße an der Düsseldorfer Straße in Saarn. Der ÖPNV soll mit anderen Fortbewegungsmitteln wie zum Beispiel Carsharing, Leihfahrrad und Taxiverknüpft werden, damit Pendler leichter von A nach B kommen. „Die Punkte, um die es geht, müssen für alle Nutzer und Fahrzeuge gut zu erreichen seien“, betont Löchteken.
- Beim vierten Paket kümmert sich die Stadt um ihre eigene Fahrzeugflotte. „Elektrifizierung“ heißt das Stichwort. Alle Fahrzeuge der Stadt und ihrer Tochterunternehmen sollen durch E-Fahrzeuge ersetzt werden. Der Gutachter soll klären, inwieweit dieses Vorhaben möglich ist. Denn der Austausch betrifft nicht nur Dienst-Pkw sondern zum Beispiel auch Müllwagen und Streufahrzeuge.
- Das letzte Paket soll den Radverkehr fördern. „Aktuell hat der Radverkehr an einem Werktag einen Anteil von vier Prozent am Gesamtverkehr in Mülheim. Die Zahl wollen wir gerne erhöhen“, sagt Christof Löchteken. Ganze Quartiere, wie zum Beispiel das Dichterviertel, sollen fahrradfreundlicher werden – etwa mit ebenerdigen, gesicherten Abstellmöglichkeiten. „Bei kurzen Strecken ist oft das Auto bequemer, weil das Fahrrad meist erst noch aus dem Keller geholt werden muss“, erklärt Roland Jansen.