Saarn. . Im Dennebusch fielen Bäume für neue Häuser. Ein Naturdenkmal wurde beschädigt. Kinder haben Unterschriften gesammelt, die Stadt soll helfen.

In der Straße Am Bühl, die bogenförmig zwischen Saarnberg und Nachbarsweg verläuft, wird viel draußen gespielt. Zahlreiche Kinder wohnen dort, und die Aufregung war immens, als sich im Frühjahr herumsprach: Im Dennebusch, dem nahen Wäldchen, werden Bäume gefällt und neue Häuser gebaut.

Zwei Freundinnen aus dem Viertel, die zufällig beide Hannah heißen, konnten die Fällungen natürlich nicht so einfach stoppen, aber hilfslos zuschauen wollten sie auch nicht. Die Mädchen, die in Kürze ihre zehnten Geburtstage feiern, haben Briefe an die Stadtverwaltung geschrieben und damit offensichtlich Eindruck gemacht. Zur Verstärkung ihres Anliegens sammelten sie Unterschriften in der Nachbarschaft und fanden mehr als hundert Unterstützer.

Zehn Doppelhaushälften werden errichtet

Zehn Doppelhaushälften werden derzeit am Nachbarsweg 82-84 errichtet. Bauträger ist die New-Standard Planen & Leben GmbH mit Sitz in Düsseldorf, die das Projekt unter dem Motto „Wohnen am Bach“ vermarktet. Wann die Häuser bezugsfertig sind, lässt Geschäftsführerin Iris Marti auf Anfrage allerdings noch offen.

Füchse laufen schon durch Gärten

Der Bühlsbach durchzieht dort das Landschaftsschutzgebiet, um das sich die Kinder sorgen, „weil der Wald kleiner wird“, wie sie feststellen, „und der Lebensraum für Tiere und Pflanzen schwindet“. Füchse würden jetzt schon durch die Gärten laufen, weil der Platz immer knapper wird. „Sollen die Füchse etwa bei uns einziehen?“, fragen Hannah und Hannah.

Besonders erschreckt hat die Mädchen, dass ein riesiger alter Baum durch die Fällungen stark beschädigt wurde. Ein Schild an seinem schweren, rissigen Stamm kennzeichnet ihn als Naturdenkmal, und den Kindern ist nicht entgangen, dass dort zwei der drei Nägel fehlen. Ihr Verdacht: Jemand wollte die Markierung entfernen.

Unterschriften gegen weitere Baumaßnahmen

Hier unten im Wald sei ihre „Lieblingsstelle“, sagen die Hannahs. Jetzt im Sommer streifen sie besonders gerne durchs Grün, im Winter endet hier eine beliebte Rodelstrecke. Seit einigen Monaten jedoch beginnt gleich hinter dem Bach die Baustelle, bald werden dort Häuser stehen.

Mit Hilfe ihrer Freundinnen und Freunde haben die Mädchen 105 Unterschriften gegen weitere Baumaßnahmen im Dennebusch gesammelt, mit Hilfe ihrer Eltern ein Schreiben verfasst und alles an verschiedene Stellen der Stadt geschickt, unter anderem an den Oberbürgermeister persönlich.

Untere Naturschutzbehörde ist informiert

Und: Die beiden Viertklässlerinnen, die noch bis zu den Sommerferien die Grundschule am Saarnberg besuchen, haben zügig und ausführlich Antworten bekommen. Zunächst erklärte ihnen das Bauaufsichtsamt, die Fällungen seien schon rechtens gewesen.

Anfang vergangener Woche erläuterte die Untere Naturschutzbehörde, was mit dem alten Baum passiert ist. Der zuständige Mitarbeiter Ralf Krause schreibt den Mädchen: Bei den Fällarbeiten seien tatsächlich Schäden an einer Eiche entstanden, die Bestandteil eines Naturdenkmales ist, einer Gruppe von fünf Stieleichen.

Drei starke Äste wurden abgerissen, Wunden am Stamm geschlagen und das Kronendach geöffnet. Inzwischen sei die Eiche baumpflegerisch behandelt worden, Bruch- und Rissstellen wurden versorgt. „Es ist davon auszugehen“, so Krause, „dass die Wunden bald schließen werden.“

Amt ermittelt, hohes Bußgeld droht

Aus naturschutzrechtlicher Sicht sei die Beschädigung des Baumes aber eine Ordnungswidrigkeit“, erklärt das Amt weiter, die die Stadt Mülheim mit Bußgeldern bis zu 50 000 Euro ahnden kann. Das Verfahren läuft, und zwar gegen die Abrissfirma, ein Unternehmen aus Wesel. Die Eiche steht nicht auf dem Baugelände, sondern zwei Grundstücke weiter, auf städtischem Gebiet. Möglich sei, so Krause, dass beispielsweise ein Kranausleger den Baum beschädigt hat. Dies nachzuweisen, sei das Problem: „Wir ermitteln, aber der Ausgang ist offen.“

>>> BAUMWATCH-GRUPPE KRITISIERT BESCHÄDIGUNG

Auf die Fällungen im Dennebusch und die Beschädigung des Naturdenkmals ist auch die Mülheimer Baumwatch-Gruppe aufmerksam geworden. Mitgründerin Melanie Wolters meint: „Es ist das alte Problem, dass Baumbestände und Natur bei Bauvorhaben nicht geachtet werden.“

Natürlich könnten nicht alle Bäume und Pflanzen erhalten bleiben, wenn gebaut wird, räumt Baumwatch ein. „Aber es kann schützend und erhaltend mit dem Bestand geplant werden und muss nicht immer alles komplett gerodet werden, nur weil es für die Maschinen einfacher ist.“