Mülheim. . Der Büro Service ist ein neues Geschäftsfeld der Fliedner Werkstätten und ein inklusives Angebot, um Menschen ins Arbeitsleben zu vermitteln.

Jetzt macht Fliedner auch in Büro. Und hier sieht es gar nicht aus wie in einer Behinderten-Werkstatt. An der Pilgerstraße, wo auch die Verwaltung der Fliedner Werkstätten beheimatet ist, hat Anfang Februar der Fliedner Büro-Service eröffneten, ein neues Ausbildungs- und Beschäftigungsangebot. Rund 100 Tage haben die zurzeit sieben Beschäftigten jetzt hinter sich – und nicht nur sie sind Feuer und Flamme.

Die Mitarbeitenden übernehmen aktuell zunächst interne Verwaltungsdienstleistungen für die Fliedner Werkstätten wie Post-Eingang, -ausgang und -verteilung, ­E-Mail-Korrespondenz sowie den Bewerbungseingang und sollen künftig auch die Telefonzentrale der Werkstätten besetzen. Erklärtes gemeinsames Ziel: Klappen die Abläufe intern reibungslos, soll der Büro-Service auch für externe Kunden tätig werden.

Arbeit unter realen Bedingungen

Werkstätten-Leiter Daniel Möller begrüßt die neuen Nachbarn mit offenen Armen: „Jetzt werden unsere Mitarbeiter aus der Verwaltung entlastet.“ Mehr noch: „Mit dem Büro-Service haben wir ein weiteres inklusives Angebot geschaffen, um Menschen ins Arbeitsleben zu vermitteln.“

Besonders wichtig aus Sicht von Daniel Möller und Melanie Friedrichs, Leiterin des Geschäftsbereichs Administration: „Wir haben keinen künstlichen Bereich geschaffen.“ Es wird unter realen Bedingungen gearbeitet, Mitarbeiter etwa mit psychischen Erkrankungen oder geistigen Behinderungen sind unter den Angestellten – sie arbeiten im gemischten Team.

„Ich bin überrascht, in welch kurzer Zeit die Mitarbeiter lernen“

Deswegen sieht es hier auch nicht aus wie in einer klassischen Behinderten-Werkstatt, sondern wie in einem Durchschnitts-Büro. Dass der Kollege hinten rechts gerade noch ein Tipp-Training an der Tastatur macht, fällt dabei nicht ins Gewicht. Und Christel Dickmann, mit 26 Jahren bei Fliedner so etwas wie das Büro-Urgestein, sagt: „Ich bin überrascht, in welch kurzer Zeit die Mitarbeiter lernen. Sie fragen neugierig nach noch mehr Arbeit.“

Eine von den Neugierigen ist Mara Breuer. Die 30-Jährige hat zuvor in einer anderen Betriebsstätte von Fliedner im Textildruck gearbeitet. „Ich hatte im Büro noch gar keine Erfahrung“, blickt Mara Breuer einige Monate zurück und sagt heute überzeugt: „Aber das ist genau das Richtige für mich – am Computer zu arbeiten und organisieren.“ Und die 30 Jahre alte Frau hat gemerkt: „Ich weiß jetzt, dass ich weiterkommen kann.“

Ziel: ein Arbeitsplatz anderswo

Weiterkommen, macht Daniel Möller deutlich, heißt im Idealfall: „Einen Arbeitsplatz außerhalb der Fliedner-Einrichtungen zu finden, auf dem so genannten ersten Arbeitsmarkt. Denn viele Menschen, die bei Fliedner unterkommen – mit welchen Einschränkungen auch immer – wollten gerne im Büro arbeiten. Zunächst in der eigenen Verwaltung mitzuarbeiten, setze die Schwelle herunter. „Der Büro-Service ist eine ideale Fördermaßnahme“, so Möller, der erklärt: „Durch Sonderregelungen wird unsere Ausbildung hier auch von der IHK anerkannt.“ Gleichzeitig betont der Werkstättenleiter aber auch: „Wir drängen keinen unserer Mitarbeiter auf den ersten Arbeitsmarkt. Wer lieber im geschützten Raum arbeitet, bleibt.“

Und deswegen ist hier auch nicht ersichtlich, ob es nun Frau Dickmann, Frau Breuer oder Frau Grabenhorst ist, die die Mitarbeiterin mit Handicap ist. Denn das spielt hier schlicht keine Rolle.