Mit Besorgnis haben Oberbürgermeister Ulrich Scholten und Mülheims Wirtschaftsförderer Jürgen Schnitzmeier eine Mitteilung des Bundesverbandes der Deutschen Binnenschifffahrt e.V. zur Kenntnis genommen, wonach dringende Sanierungsmaßnahmen an der Raffelbergschleuse möglicherweise nicht durchgeführt werden.

Mit Besorgnis haben Oberbürgermeister Ulrich Scholten und Mülheims Wirtschaftsförderer Jürgen Schnitzmeier eine Mitteilung des Bundesverbandes der Deutschen Binnenschifffahrt e.V. zur Kenntnis genommen, wonach dringende Sanierungsmaßnahmen an der Raffelbergschleuse möglicherweise nicht durchgeführt werden.

„Dies kann sogar eine Außerbetriebnahme nach sich ziehen, so dass die Ruhr in diesem Abschnitt nicht mehr schiffbar wäre“, befürchten beide. Anlass ist ein Schreiben von Siemens, unterzeichnet unter anderem von Erhard Friedrich Eder, Chef des Geschäftsbereichs Service Industrie-Dampfturbine und -Generator. Die Firma, die ab dem Mülheimer Hafen ihre Generatoren und Dampfturbinen in die Welt schickt, hatte sich per Brief an die Stadt Mülheim und die Wirtschaftsförderung gewandt – eine Art Hilferuf, weil die Mülheimer Schleuse als ziemlich marode gilt.

Aktuell seien die so genannten Nischenpoller – Vorrichtungen, an denen Schiffe während des Schleusens befestigt werden – in der Raffelbergschleuse außer Betreib, bestätigt das zuständige Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Duisburg-Meiderich. Eine Folge: Schiffe werden mitunter langsamer geschleust als sonst, weil sie sich ohne Festmachen an der Spundwand selbst im Gleichgewicht halten müssen.

Dass Hafenbetriebe seit Jahren mit großer Sorge auf die Betriebstüchtigkeit der Schleuse blicken, berichtet auch Frank Sous, Leiter der Logistik der DHC Solvent Chemie GmbH, und nennt ebenfalls das Beispiel der nicht zu nutzenden Poller.

DHC, eine BP-Tochterfirma, die im Hafen Lösemittel-Spezialitäten aus Mineralöl produziert, erhält per Schiff Rohstoffe angeliefert. „Wenn die Schleuse nicht richtig funktioniert, dann trifft es uns richtig böse“, sagt Sous. „Wir können es uns nicht erlauben, den Laden für vier Wochen dicht zu machen“, sagt der DHC-Logistikleiter mit Blick auf die vom Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt angepeilte, mehrwöchige Sanierung. Aber, so Sous: „Im Extremfall könnten wir auch per Lkw oder Bahn transportieren, das wäre aber deutlich teurer.“

Kaum eine Alternative hätte wohl Siemens für den Transport seiner riesigen Generatoren und Dampfturbinen. „Diese Bauteile erreichen Größen und Gewichte, die nicht mehr via Straße und Bahn transportiert werden können“, erklärt Georg Lohmann, Pressesprecher der Siemens AG. Wirtschaftsförderer Jürgen Schnitzmeier ordnet ein: „Siemens ist ja vor mehr als 25 Jahren extra zum Hafen gezogen, um die Anbindung an diese Transportmöglichkeit zu haben.“ Daher sei der freie Zugang an die Landeswasserstraße, als die die Ruhr an der Stelle gilt, für Siemens existenziell, so Schnitzmeier und: „Siemens wiederum ist existenziell für die Stadt mit seinen rund 4500 Mitarbeitern im Hafen.“ Weil die Mülheimer Schleuse als derart marode gelte, sehe Siemens Ausfallrisiken. „Damit wäre die Ruhr in den Schleusenbereichen nicht mehr schiffbar und die Verbindung des Siemens Werkes für große Bauteile zum Weltmarkt gekappt“, so Lohmann.

Wirtschaftsförderer Schnitzmeier will diesen Zustand nicht akzeptieren: „Die Betriebe sollten nicht ständig von einem Risiko durch die Schleuse ausgehen müssen.“

Größere Sanierung frühestens 2020

Dass die Raffelberger Schleuse – so wie viele entlang der Wasserwege im Ruhrgebiet – sanierungsbedürftig ist, räumen Mitarbeiter des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamts gegenüber dieser Zeitung ein. Neben den stillgelegten Befestigungspollern bröckele auch der Beton von den Kammerwänden, müsse die Standfestigkeit der Sole nachgebessert werden. Im kommenden Jahr soll eine kleinere Maßnahme zur Reparatur der Wände, ab 2020, spätestens aber ab 2023 eine größere Sanierung der Schleuse anstehen, stellt das Amt in Aussicht.

Um den Industriestandort Mülheim und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen im Rhein-Ruhr-Hafen gewährleisten zu können, fordern der OB und der Wirtschaftsförderer in ihrem Schreiben an Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer und den Leiter der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt, Hans-Heinrich Witte, dass die Schiffbarkeit der Ruhr und die dauerhafte Erreichbarkeit des Hafens gewährleistet sein müsse. Zudem sei die Einstellung von Fachpersonal beim Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt zur Sanierung und Instandhaltung der Schleusen und Wasserstraßen erforderlich.