Mülheim. . Mit einem großen Aufgebot besorgt sich die Polizei Unterlagen zum toten Baby vom Marien-Hospital. Dort spricht man von einer „Ungeheuerlichkeit“.

Das mutmaßlich getötete Baby war vergangene Woche zunächst als Notfall vom Vater nachts ins Marien-Hospital gebracht worden. Ein Rettungswagen fuhr es von dort dann in die Universitätsklinik nach Essen. Um die Krankenakte des Babys entbrannte wenige Tage später ein Streit zwischen Polizei und Krankenhaus. Der Streit eskalierte.

Das acht Monate alte Kind war in der Nacht vom 29. auf den 30. April an schweren Verletzungen im Kopf gestorben. Auch die Ärzte in der Uni-Klinik konnten das Baby nicht mehr retten. Wie die Zeitung erst jetzt erfuhr, meldete sich am vergangenen Freitag, 4. Mai, die Mordkommission im Marien-Hospital und forderte die Herausgabe der Krankenakte. „Ohne richterlichen Beschluss dürfen wir jedoch so eine Akte nicht herausgeben. Dieser richterliche Beschluss lag nicht vor“, erklärt Krankenhaus-Geschäftsführer Hubert Brams auf Anfrage dieser Zeitung. Das Krankenhaus habe deutlich gemacht, in jedem Fall mit der Polizei zu kooperieren, der behandelnde Notarzt hatte zu dem Zeitpunkt bereits bei der Polizei Aussagen gemacht.

Richterlicher Beschluss lag laut Klinik nicht vor

Gegen 16 Uhr soll dann die zuständige Polizeibeamtin erneut zum Krankenhaus gekommen sein und erklärt haben, dass es einen mündlichen richterlichen Beschluss gebe. Etwas Schriftliches habe nicht vorgelegen. „Wir hatten uns in der Zwischenzeit juristisch beraten lassen“, berichtet Brams.

Gegen 16.35 Uhr rückte dann ein größeres Aufgebot der Polizei an. Von etwa 30 Beamten ist die Rede. Der Krankenhauseingang wurde abgesperrt. Niemand durfte das Haus verlassen oder betreten. Patienten und Besucher fürchteten einen Anschlag oder Ähnliches, einige glaubten, dass das SEK im Einsatz war.

Die Polizei sieht den Vorgang anders. Sie ermittelte in dem Fall des toten Babys unter Hochdruck. „Wir hatten einen richterlichen Beschluss und mit dem Krankenhaus Probleme, weil es die Akte wiederholt nicht herausgeben wollte“, erklärt Polizeisprecher Christoph Wickhorst. Die Krankenhausleitung habe sich gesträubt. Man habe daher zusätzliche Kräfte hinzugezogen, um gegebenenfalls Räume der Klinik durchsuchen zu können, so Wickhorst. Dies sei dann aber nicht nötig gewesen.

Polizei zieht Zusatzkräfte hinzu

Von einer noch nie dagewesenen Ungeheuerlichkeit spricht dagegen die Krankenhausleitung. Sowohl die Notaufnahme als auch die Notfallambulanz der Kassenärztlichen Vereinigung seien abgeschnitten gewesen, etwa für eine Stunde. Mitarbeitern sei angedroht worden, sie abzuführen, falls sie sich widersetzen sollten.

Schließlich habe der Ärztliche Leiter der Notaufnahme eine Kopie der Akte herausgegeben. „Aus Notwehr“, wie Brams betont. Dieser erzeugte Druck sei nicht nachvollziehbar. Es habe in dem Fall auch kein erkennbarer Notstand vorgelegen. Ein richterlicher Beschluss liege bis heute nicht vor.

>>Das Marien-Hospital will in dem Fall nicht zur Tagesordnung übergehen. „Wir werden mit der Staatsanwaltschaft Kontakt aufnehmen. Uns geht es um den Schutz von Patienten und Mitarbeitern“, so Brams.

Wie die Zeitung erfuhr, soll der Vorgang inzwischen auch im Düsseldorfer Gesundheitsministerium vorliegen.