Drei Schriftsteller präsentierten ihre Werke auf einer Fahrt durch Mülheim und Oberhausen. Realität und Fiktion kamen sich dabei sehr nah.

Es ruckelt, es geht über Schlagloch übersäte Straßen, vorbei an erleuchteten Geschäften und Wohnhäusern. Mülheim, Oberhausen, dann wieder Mülheim – die Städte fließen ineinander genau wie die Texte, aus denen gelesen wird.

Drei Autoren wagen sich an diesem Freitagabend an einen ungewöhnlichen Ort, um unter nicht ganz einfachen Bedingungen ihre Romane vorzustellen. Zuhörer und Vorleser sind gleichzeitig Passagiere, zwei Busse dienen als rollende Veranstaltungsorte. „Das sieht sehr solide aus, ich hab' gar keine Angst”, beginnt der Erlanger Thomas Klupp und sieht auch recht entspannt aus, dort auf dem Vierersitz, mit dem Rücken zum Busfahrer und dem Mikrofon an den Lippen. Dass er seinen Roman „Paradiso” in den Kurven und auf holprigen Strecken nur mit einer Hand hält, damit er sich mit der anderen abstützen kann – das tut seiner Konzentration erstaunlicherweise keinen Abbruch.

Keine "Busfahrelemente"

„Das Buch hat leider keine Busfahrelemente”, hatte Klupp schmunzelnd gesagt und die Fahrgäste trotzdem auf eine Reise mitgenommen. Von Potsdam nach München trampt der Protagonist Alex Böhm. Er sieht aus dem Fenster auf Doppelhaushälften mit „Gärten groß wie Schuhabtreter”. – „Man möchte nur noch davonlaufen vor dieser Stadt”, denkt Alex Böhm, liest Thomas Klupp, als es durch das abendliche Dümpten geht, und fügt beim Blick aus dem Fenster gleich hinzu: „Fast wie hier, aber hier find' ich's schön.” Realität und Fiktion – die Bilder kommen sich teilweise sehr nahe.

Während der Reisende aus „Paradiso” noch unterwegs ist, wartet Angelika Overaths Heldin Elis darauf, dass es endlich weitergeht. „Flughafenfische” heißt der für den Deutschen Buchpreis nominierte Roman, in dem eine Magazinfotografin im gläsernen Raum „Flughafen” einem Aquaristen begegnet.

Dreifache Premiere

Für die gebürtige Karlsruherin ist die Fahrt eine dreifache Premiere: „Ich war noch nie in Mülheim, ich war noch nie in Oberhausen und ich habe noch nie in einem Bus gelesen.” Damit ihr das schummrige Licht keinen Strich durch die Rechnung macht, hat sie eine kleine Leselampe an ihrem Buch befestigt.

Auch Mirko Bonné ist gut vorbereitet. Den bei der Fahrt über unebene Straßen entstehenden Geräuschen begegnet er mit fester Stimme. Bunte Leuchtreklamen und Fabrikgebäude spiegeln sich in den Scheiben. Hören die Fahrgäste zu oder sind sie in ihren Gedanken versunken? Mit einem Mal jedenfalls kommen alle wieder in der Realität an. Der Bus hält an – und die Geschichte auf.