Essen. . Bei der „Ruhrbahn“ machte der Betriebsratschef Gehaltssprünge, die ihm offenbar nicht zustanden. Ein Anonymus machte dies öffentlich, jetzt kocht der Ärger hoch
Dass sie „es wert sind“, im öffentlichen Dienst ein spürbares Gehaltsplus zu bekommen, dafür haben sie bei der „Ruhrbahn“ erst vergangenen Dienstag noch gestreikt. In vorderster Linie: Ahmet Avsar, frisch gewählter Betriebsratsvorsitzender des gemeinsamen Essen-Mülheimer Verkehrsunternehmens. Doch ausgerechnet bei ihm keimen jetzt offiziell massive Zweifel, dass er wirklich verdient, was er da bekommt.
Denn Avsar hat sich im Mai 2015 als damaliger Betriebsratschef der Mülheimer Verkehrsgesellschaft (MVG) einen beachtlichen Gehaltssprung um gleich drei Entgeltstufen vertraglich sichern lassen, obwohl – so raunt man im Betrieb – sein Aufgabenbereich dazu überhaupt keinen Anlass gab. Ein seit Mitte Januar im Unternehmen kursierendes anonymes Schreiben prangert dies an, und nun fragt sich auch die Geschäftsführung, ob ein solch kräftiger Schluck aus der Pulle eigentlich gerechtfertigt war.
Der Betriebsratschef: „Man will mich beschädigen“
War er offenbar nicht: Zu diesem Schluss kommen jedenfalls unabhängig voneinander gleich zwei mit der Prüfung der Materie betraute Essener Rechtsanwaltskanzleien: Heinemann & Partner sowie Kümmerlein. Im Raum steht nun der Vorwurf der Begünstigung, und aus dem Aufsichtsrat der „Ruhrbahn“, der das Thema am Donnerstag unter dem Tagesordnungspunkt „Verschiedenes“ abhandelte, werden erste Forderungen nach einer Strafanzeige gegen die Beteiligten laut. Ob es sie am Ende geben wird, ist noch offen.
Betriebsratschef Avsar weist derweil den Vorwurf einer ungerechtfertigten Höherstufung empört zurück. Er interpretiert die Anwürfe als Schmutzkampagne, um ihn in seiner Position als Kämpfer für Arbeitnehmer-Rechte anzugehen: „Dass man mich auf eine solche Art beschädigen möchte, finde ich unterhalb der Gürtellinie.“
Muss Avsar nun 70 000 Euro zurückzahlen?
Wie der Gehaltssprung zustande kam und vor allem: warum, darüber mag Avsar erst einmal nicht reden: Kommende Woche, so betont er, werde es von ihm eine schriftliche Stellungnahme geben. Aber da gibt es noch den Mann, der dem Betriebsratschef das satte Gehaltsplus ohne wirkliche Rechtfertigung genehmigt haben soll: Klaus-Peter Wandelenus, bis Herbst 2016 an der Evag- und MVG-Spitze und heute Technischer Vorstand bei den Duisburger Verkehrsbetrieben DVG. Er war gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
Auch „Ruhrbahn“-Chef Michael Feller hält sich mit dem Hinweis auf „ein laufendes Verfahren“ erst einmal zurück. Unterdessen staunt manch einer im „Ruhrbahn“-Aufsichtsrat nicht schlecht über Avsars Gelassenheit, schließlich stehen dem amtierenden Betriebsratschef neben der drohenden Rückstufung aufs alte Gehaltsniveau auch Rückforderungen der vermeintlich überzahlten Gehaltsaufschläge im Raum – die Rede ist von einer Forderung über rund 70 000 Euro.
Die Rückstufung im ersten Anlauf durchzusetzen, dazu braucht es das Okay des Betriebsrates, was womöglich kein leichtes Unterfangen darstellt, weil es vergleichbare Vorwürfe – wen auch in deutlich geringerem Ausmaß – auch gegen andere Betriebsräte gibt. Einem „Ruhrbahn“-Kenner schwant: „Das wird eine Schlammschlacht.“