Mülheim. . In nur zwei Jahren erhielt der Flughafen Essen-Mülheim komplett neue Gebäude. Die Nationalsozialisten bauten ihn zum Luftfahrt-Drehkreuz aus.

Der Flughafen auf der Stadtgrenze bietet Lesestoff für zahlreiche Erinnerungen. Manchmal kommen Leserinnen und Leser erst nach einigen Wochen in die Redaktion, um von ihren Erlebnissen zu berichten. Andere haben ihre Regale und Schränke durchforstet und bringen alte Zeitschriften mit. Daher heute noch eine Folge zum Flughafen Essen-Mülheim.

In den 1930er Jahren erschien die Zeitschrift „Deutsche Flughäfen“. Der Untertitel lautete „Zeitschrift zur Förderung des Luftverkehrs und der damit verbundenen Industrie zur Anlage von Flughäfen.“ Damit war klar definiert, was in die damalige Nazi-Diktion passte. Die Luftfahrt war für das Regime ein wichtiges Zukunftsprojekt – zivil und vor allem militärisch. Dem aufstrebenden, internationalen Flughafen Essen-Mülheim widmen die Herausgeber aus Berlin im November 1934 fast ein komplettes Heft. „Luftfahrt für Deutschlands Wohlfahrt“ ist das Vorwort überschrieben. Helmut Hartmann hat es im Nachlass seiner Vaters gefunden.

„Natürlich sind die Beiträge im Sinne der Nationalsozialisten geschrieben. Sie enthalten auch zahlreiche Informationen und Daten zum heimischen Flughafen. Es ist ein spannendes Dokument seiner Zeit“, beschreibt Helmut Hartmann die Inhalte der 26 Seiten. Frakturschrift mit Hakenkreuz und fliegendem Adler zieren die Titelseite – typisch für die Zeit des sogenannten Dritten Reiches.

Großer Zeppelintag 1939

Die behelfsmäßigen Holzhäuser aus der Startzeit des Flughafens wichen bereist 1923 großzügigen, steinernen Neubauten. „Diese Bautätigkeit wurde in den Jahren 1933 und 1934 fortgesetzt. Was in den früheren Jahren die Entwicklung hinderte, wurde durch die nationalsozialistische Revolution aus dem Weg geräumt“, heißt es in der Luftverkehrs-Zeitschrift.

„Dem derzeitigen Geschäftsführer der Flughafengesellschaft, Fliegerlandesgruppenführer Laumann, Ritter des Ordens ,Pour le Mérite’ war es vorbehalten, durch sein tatkräftiges Eingreifen nunmehr die beschleunigte Fertigstellung der längst als notwendig erkannten Bauten herbeizuführen“, heißt es weiter. Damals wurden Bebauungsplan- und Verwaltungsverfahren „für das Wohl des Volkes“ ignoriert oder außer Kraft gesetzt. Damals galt der Flughafen als „der schönste in Deutschland“.

Mülheimer Firmen beteiligt

Die zwei- bis dreigeschossigen Gebäude bildeten mit dem blendend weißen Keramajolputz eine Einheit. Rohrpost, Hausfernsprecher und Außenlautsprecher gehörten damals zur modernen Ausstattung. Die Flughafengaststätte hatte 400 Plätze. Dazu eine Fliegerkantine, Konferenzräume und Hotelzimmer. Der Zoll befand sich in der Abfertigungshalle. „Die Passagiere sollen kurzen Wege haben“, hatte der Architekt als Vorgabe bekommen. Die wünschen sich Fluggäste heute wieder zurück.

Im Anzeigenteil finden sich bekannte Namen. Dort werben die Bauunternehmung Heinrich Folkenborn, die einige der Gebäude hochzog. Siemens baute Fernmeldeanlagen auf Flughäfen. Die Firma Lange & Fritzle installierte die Beleuchtungsanlagen innen und außen. August Mettmann erledigte die Malerarbeiten. Die Benzin- und Ölabscheider kamen von der Mülheimer Firma Bergfried. Die Gebrüder Schulten führten das Flughafenrestaurant und hatte alle Biere der Bergbrauerei Mülheim im Ausschank. Und von der Restaurantterrasse konnten Besucher die Flugzeuge starten sehen. „Luftverkehr bietet größte Schnelligkeit, größte Bequemlichkeit, größte Sicherheit“, warb die Luftverkehrsgesellschaft Ruhrgebiet.

„Am 20. August 1939 gab es auf dem Flughafen Essen-Mülheim einen Zeppelintag. Dazu brachte die Reichspost einen Sonderstempel für die Luftpost heraus“, schreibt Jürgen Schimanski. Davon hat er „irgendwann mal verschiedene Postkarten und Briefe“ gefunden. „Der Stempel belegt das Datum und den Ort der Flugschau. Diese Deutschland-Zeppelinfahrten dienten wohl auch schon einem militärischen Zweck.“

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