Mülheim. . Im Ambulatorium der Diakonie können Alkohol- und Medikamentenabhängige in der offenen Sprechstunde das Gespräch mit Fachleuten suchen.
Man spricht nicht gern darüber, aber es kommt auch in den besten Familien vor: Abhängigkeit von Alkohol oder Medikamenten, Spielsucht oder Probleme mit Cannabis, Amphetaminen oder Kokain. Das Ambulatorium des Diakonischen Werks kümmert sich in Mülheim um Menschen mit solchen Problemen und um ihre Angehörigen. Der erste Kontakt läuft meist über die offene Sprechstunde, die jeder aufsuchen kann: kostenlos, anonym und ohne Anmeldung.
80 Prozent mit Alkoholproblem
Eingeführt ist die Sprechstunde am Montag, 14 bis 16 Uhr. Neu ist ab heute die Sprechstunde am Donnerstag, von 16 bis 17.30 Uhr auf dem Kirchenhügel. Damit, erklärt Heiko Mittelhockamp, der das Ambulatorium leitet, soll auch berufstätigen Menschen der erste Schritt zum Weg aus der Sucht erleichtert werden.
Die meisten Klienten von Heiko Mittelhockamp und seinem vierköpfigen Team (plus einem Facharzt) haben ein Alkoholproblem, rund 80 Prozent, schätzt er. „Das Thema ist schuld- und schambehaftet“, weiß er. Und viele der Betroffene haben große Angst, mit dem, was man sich so klischeehaft unter einem Säufer vorstellt, konfrontiert zu werden, sagt der Sozialarbeiter.
Nur wenige Alkoholkranke gehen in Behandlung
Die meisten, die erstmals im Ambulatorium vorsprechen, das einen diskreten eigenen Eingang an der Althofstraße 4 im Haus der Diakonie hat, seien überrascht, „hier ganz normale Menschen“ anzutreffen. Diesen ersten Schritt machten viele erst dann, wenn sie an eine Grenze gekommen sind. Der Führerschein weg, der Job in Gefahr, einen Blackout gehabt, oder Angehörige oder Freunde haben endlich mal Klartext gesprochen. „Alkoholismus hat viele Gesichter“, klärt Heiko Mittelhockamp. „Den klassischen Alkoholiker, den gibt es nicht.“
Etwa 1,3 Millionen Alkoholkranke gibt es bundesweit, nennt Mittelhockamp Zahlen des Bundesgesundheitsministeriums. Und rund zehn Prozent davon gehen in eine Behandlung. „Das ist“, so der Experte, „viel zu wenig.“ Viele haben auch Angst, sich behandeln zu lassen. „Sie denken: Ich werde eingesperrt. Und was machen die dann da mit mir?“
Durch ambulante Reha weiter im Alltag leben
Stationär auf der „Nasenbleiche“ muss man aber nicht jeden behandeln, der an der Krankheit Alkoholismus leidet, so Heiko Mittelhockamp. Viele Betroffene entscheiden sich nach einer Entgiftung für eine ambulante Rehabilitation. Und eine ambulante Reha, wie sie auch auf dem Kirchenhügel angeboten wird, hat den Vorteil, dass man dafür nicht auf Job, Familie, auf soziale Kontakte verzichten muss. „Das gibt Stabilität.“ Und das ist wichtig, denn auch die Angehörigen werden in eine Therapie mit einbezogen.
Medikamentensucht läuft viel versteckter ab, weiß Heiko Mittelhockamp. Stress, hohe Arbeitsbelastung, mal abschalten zu können – da fällt der Griff zum Schlaf- oder Beruhigungsmittel manchem leicht, hat Heiko Mittelhockamp schon oft erlebt: „Eine Abhängigkeit von Medikamenten haben viel mehr Menschen, als sie selber glauben“, sagt der Leiter des Ambulatoriums.
>> AMBULANTE REHA ZUM SUCHT-BEREICH
Das Ambulatorium bietet Ambulante Rehabilitionen Sucht an: Langzeittherapien bis zu zwölf Monate, in der Klienten wöchentliche Termine (einzeln/Gruppe) wahrnehmen. Die Kosten übernehmen Renten- und Krankenkassen.
Offene Sprechstunden – ohne Anmeldung und auch anonym – finden montags, 14 – 16, und donnerstags, 16 – 17.30 Uhr, im Ambulatorium an der Althofstraße 4 statt. Alle Fachkräfte unterliegen der gesetzlichen Schweigepflicht.