Mülheim. . Niedrige Zinsen bescheren Baufirmen einen Boom. Für öffentliche Aufträge sind Firmen kaum noch zu begeistern, wie ein Beispiel in Mülheim zeigt.
Niedrige Zinsen bescheren der Baubranche inzwischen einen Boom. „Wir können gar nicht so viel mauern, wie die Leute von uns Häuser wollen.“ Das sagt ein Unternehmer, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Gleichzeitig steigen die Preise. Aufschläge von bis zu 20 Prozent sind keine Seltenheit. Das bringt vor allem die Stadt in Zugzwang, weil sie Fertigstellungstermine für ihre Gebäude einhalten muss.
Jüngstes Beispiel ist der Erweiterungsneubau für die Grundschule an der Heinrichstraße. Hätte die Bezirksvertretung 1 sich für eine Umplanung entscheiden, um den Mammutbaum zu erhalten, hätte das den Neubau zeitlich um ein Jahr verzögert und die Baukosten wären gestiegen. „Wir müssen das jetzt nicht mehr neu kalkulieren. Der Baubeschluss ist durch“, sagte Matthias Knospe, Technischer Leiter des Immobilienservices, erleichtert nach der Sitzung.
Keine Firma bewarb sich für Grundsanierung an Schule
Für die anstehende Grundsanierung der Brüder Grimm-Schule in Styrum „hat sich bei uns noch keine Firma auf unsere Ausschreibung beworben“, erklärte Frank Buchwald, Leiter des Immobilienservices, kürzlich den Ortspolitikern in der zuständigen Bezirksvertretung 2. „Wir haben zurzeit große Probleme, Firmen zu finden, die zu den von uns kalkulierten Kosten den Auftrag für die Zastrowstraße übernehmen möchten.“
Wegen unvorhersehbarer Schadstoffe im Mauerwerk verteuert sich die Sanierung bereits um satte 4,2 Millionen Euro. 2014 hatten Ingenieure 9,33 Millionen Euro errechnet. Jetzt muss der Kämmerer 13,535 Millionen Euro zahlen – oder noch mehr.
Dezernent: Bauvorhaben aber nicht gefährdet
„Deswegen sind notwendige Neubauten und Sanierungen an den Schulen aber nicht gefährdet“, sagt Frank Mendack. Der Kämmerer betont, die Stadt schöpfe die Förderprogramme voll aus. „Diese Zuschüsse sind jedoch gedeckelt.“ Bei steigenden Baupreisen müsse die Stadt folglich die Mehrkosten allein tragen.
„Das ist in der freien Wirtschaft so“, sagt Frank Mendack. Ein privater Bauherr könne warten, bis die Preise wieder fielen. „Wir haben den Termindruck, der auch die Preise hochtreibt.“ Kinder und Eltern erwarteten von der öffentlichen Hand, dass die Schulgebäude zum angesagten Zeitpunkt bezugsfertig seien.
Firmen stellen vermehrt Nachforderungen
Auf anderen Baustellen im Auftrag der Stadt erheben Firmen bei laufendem Betrieb ebenfalls Nachforderungen, weil sie den Termindruck kennen. „Das ist momentan eine wirklich schwierige Situation, stimmen Bauleiter und Dezernenten überein. „Die Firmen kalkulieren mit unserer Not.“
„Für termingerechte Fertigstellung brauche ich oft mehr Leute“, sagt der Bauunternehmer. Nur für einen Aufschlag könne er sie einstellen. „Ich habe Aufträge bis Anfang 2020. Die kann ich mit meiner Mannschaft abarbeiten. Für Extras habe ich keine Kapazitäten mehr.“ Seine Männer kommen jeden Tag vom Niederrhein an die Ruhr, um hier einen Neubau hochzuziehen.