Mülheim. . Bei den Zwischenstücken wird es politisch. Das Staatstheater Mainz thematisiert den Drohnenkrieg und Konstantin Küspert liest über Reichsbürger

Das Stücke-Festival läuft zwar erst vom 12. Mai bis 2. Juni, mit Lesungen und Gastspielen wird die Wartezeit aber verkürzt. Gibt es ein besseres Bindeglied zwischen den Jahrgängen als Konstantin Küspert, den Träger des Publikumspreises aus dem Vorjahr? Er ist einer der interessantesten jüngeren Autoren, schreibt mit Wucht und Humor gegen den Zynismus der Zeit an. Nach „Europa Verteidigen“ bringt er mit „Der Reichsbürger“ ein neues Stück mit aktuellem Bezug heraus. Ob es fürs Festival nominiert wird, zeigt sich, wenn das Auswahlgremium im März getagt hat. Sein jüngster, mit seiner Frau Annalena geschriebener Text, ist ein Ein-Personen-Stück als Auftragsarbeit für das Theater Münster. Das Stück gelangt am 14. Februar zur Uraufführung.

Reichsbürger, das sind laut Verfassungsschutz inzwischen wohl 15 000 Menschen in der Bundesrepublik, die das Grundgesetz ablehnen, keine Papiere haben und so tun, als bestehe das Deutsche Reich fort. Es ist ein Sammelbecken für Verschwörungstheoretiker, Rechtsextreme, Holocaust-Leugner sowie Querulanten und steht unter der Beobachtung des Verfassungsschutzes. Seitdem im Oktober 2016 ein Reichsbürger in Bayern einen Polizisten erschossen hat, rückt diese Gruppe zunehmend in den Fokus. Das Erschreckende: Die Gruppe wächst. Das Spannende an den Lesungen der Zwischenstücke ist es, dass man die Autoren hautnah erleben kann. Sie erzählen aus ihrer Schreibwerkstatt und sind offen für Fragen des Publikums.

Politisches Gastspiel des Staatsschauspiels Mainz

Nicht minder politisch ist das Gastspiel des Staatsschauspiels Mainz, „Ramstein Airbase: Games of Drones“. Beim Namen Ramstein denken viele an die fast gleichnamige Band (mit einen „m“ mehr), die älteren an den RAF-Anschlag oder den Absturz der italienischen Kunstflugstaffel Frecce Tricolori, die Bedeutung der Air Base ist dagegen vielen nicht geläufig. Seit 2011 ist Ramstein Dreh- und Angelpunkt der völkerrechtlich umstrittenen Drohnenaktivitäten der USA, worüber 2013 ein Recherchenetzwerk erstmals berichtete. Barack Obama, damals noch Präsident, dementierte prompt.

Eine wichtige Quelle des Rechercheprojektes von Regisseur Jan-Christoph Gockel sind Gespräche mit dem Whistleblower Brandon Bryant, die dann mit Versatzstücken der Popularkultur wie „Ein Frage der Ehre“ oder „Games of Thrones“ verschnitten werden. Bryant arbeitete in einem Container in New Mexiko. Seine Aufgabe war es, mit einer Lasersteuerung die Ziele zu dirigieren. Die Koordinaten dazu kommen aus Ramstein.

Tötung von Menschen in Echtzeit

In dieser Funktion erlebte er die Tötung von Menschen in Echtzeit. Er kritisierte Aktionen, äußerte gegenüber Vorgesetzten seine Besorgnis. Zunehmender psychischer Druck führte zu Schlafstörungen und schließlich dazu, dass er bei der Arbeit einen Zusammenbruch erlitt und seine Entlassung betrieb. Er schätzt, dass er direkt an 13 Tötungen beteiligt war. Die Allgemeine Zeitung spricht von einer „Globalisierung des Krieges“.

>> TERMINE FÜR LESUNG UND GASTSPIEL

Konstantin Küspert, der als Dramaturg am Schauspiel Frankfurt arbeitet, kommt am Dienstag, 23. Januar, um 19.30 Uhr zu einer Lesung neuer Texte ins Medienhaus am Synagogenplatz. Der Eintritt ist fei.

Das Staatstheater Mainz gastiert am Samstag, 20. Januar, um 19.30 Uhr mit dem Rechercheprojekt „Ramstein Airbase: Game of Drones“ im Theater an der Ruhr. Karten 23,50/erm. 9 Euro, im Medienhaus: Tel. 96 09 60.