Mülheim/Duisburg/Oberhausen. . Gerade zwischen den Jahren und an Silvester klingelt es häufig bei der Telefonseelsorge. Dann suchen viele Menschen jemanden zum Reden.
Einsam fühlen sich nicht nur Menschen, die alleine sind. „Auch in Gemeinschaft kann man sich innerlich unverstanden und nicht gehört fühlen“, erklärt Olaf Meier. Der Leiter der Telefonseelsorge Duisburg-Mülheim-Oberhausen und seine Mitarbeiter wissen: Besonders in der Zeit um den Jahreswechsel klingeln die Telefone häufiger als sonst. Denn erst nach den Weihnachtsfeiertagen beginnt für viele Betroffene eine Phase des Verarbeitens, der Rück- und Ausblick auf das, was man im Jahr erlebt hat und was das nächste noch bringt. Das Alleinefühlen spielt dabei zunehmend eine Rolle.
Bei der Telefonseelsorge mit Sitz in Duisburg haben die ehrenamtlichen Mitarbeiter rund um die Uhr ein Ohr für die Probleme der Anrufer. In vielen Fällen haben die Menschen Gesprächsbedarf, weil sie niemanden zum Reden haben. „Viele rufen an und sagen: Sie sind der Erste, mit dem ich heute spreche“, berichtet Olaf Meier, der unterscheidet: „Einsamkeit begegnet uns in zwei Variationen.“ Die unverschuldete und die bewusst gewählte Einsamkeit. „Die einen bedauern es, über die Feiertage und Silvester alleine zu sein, andere sagen bewusst alle Einladungen ab.“ Entweder, weil sie sich trotz Gesellschaft unverstanden fühlen, oder Angst haben vor Streit und Konflikten mit den Angehörigen. Betroffen sind davon übrigens nicht nur Senioren. „Bei uns melden sich alle Generationen.“ Nur Jugendliche betreffe das Problem weniger. „Junge Menschen kommunizieren mehr miteinander über Chats oder per Mail.“ Aber auch über den Mail-Kanal der Telefonseelsorge laufen mittlerweile immer mehr Nachrichten ein.
Es geht um Anteilnahme, ums Zuhören
Ebenso sei der Jahreswechsel eine Zeit, in der erlebte Traumata wieder hochkommen. „Etwa Trennungen oder der Tod eines geliebten Menschen.“ Viele ziehen an Silvester Bilanz, „das sind manchmal dramatische Gespräche, in denen die Leute sagen: Wenn das im nächsten Jahr so weitergeht, bringe ich mich um.“ So mancher sei akut oder tendenziell suizidgefährdet.
„Oft hilft es, einfach nur zuzuhören“, weiß Olaf Meier. Denn Ratschläge erteilen die ehrenamtlichen Mitarbeiter nicht. Vielmehr geht es um Anteilnahme. Die Mitarbeiter fragen Betroffene: „Haben Sie schon einmal eine solche Krise durchgestanden?“ Und erinnern sie damit an Stärken, die sie besitzen. „Wir können ihnen nicht die Grundeinsamkeit nehmen, aber sie selbst auf neue Perspektiven bringen.“
Früher haben mehr nach Messen in Kirchen gefragt
Nur selten fragen Anrufer nach weitergehenden Angeboten. „Früher gab es mehr Menschen, die gefragt haben, wann Messen in der Kirche stattfinden“, erinnert er sich. Dies sei mittlerweile weniger geworden, die meisten informieren sich über Veranstaltungshinweise im Internet. Kommen jedoch Fragen nach Veranstaltungen an Weihnachten oder Silvester auf, verweisen die Ehrenamtlichen die Anrufer gerne weiter oder geben Tipps, wo sie Anschluss finden könnten.
Bei allen Problemen sei der Jahreswechsel aber auch eine Zeit der Dankbarkeit. „Viele unserer Stammkunden melden sich dann bei uns, um Danke für die Hilfe zu sagen.“ Das freue Olaf Meier und seine rund 130 Mitarbeiter besonders. Denn sie haben ein offenes Ohr, wenn andere nicht zuhören.
>> 130 MITARBEITER SIND 24 STUNDEN AM TELEFON
Jährlich klingelt es bei der Telefonseelsorge rund 20 000 Mal, hinzu kommen 400 Mails. Einsamkeit, psychische Erkrankungen und akute Lebenskrisen sind die Themen der Anrufer. 130 ehrenamtlich Mitarbeitende widmen sich ihren Anliegen.
Neue ehrenamtliche Helfer werden immer gesucht. Daher findet am Montag, 15. Januar, von 19 bis 20.30 Uhr ein Informationsabend im Haus der Evangelischen Kirche in Duisburg-Stadtmitte statt, Am Burgacker 14-16 (Nähe Live-Saver-Brunnen). Informationen unter Tel. 0203/22657, duisburg@telefonseelsorge.de