mülheim. . Nach dem Evangelischen Krankenhaus hat auch das Marienhospital einen Herzkathetermessplatz eingerichtet. Sorge um Konkurrenz- und Kostendruck

Der Druck auf die Krankenhäuser nimmt stetig zu - sei es bei den Kosten oder bei den Qualitätsstandards. Das spüren auch beide Mülheimer Kliniken, die sich auf dem Gesundheitsmarkt behaupten müssen und sich bislang bemüht hatten, in einigen Bereichen eine sinnvolle medizinische Versorgung anzubieten, ohne ein Überangebot zu schaffen, das beiden Häusern schaden würde. Bislang.

Bis zu 400 Patienten sind pro Jahr betroffen

Denn seit November verfügt auch das Katholische Krankenhaus über einen Herzkathetermessplatz. Damit sollen all diejenigen Herzinfarktpatienten behandelt werden, die zuvor noch nach Essen ins Elisabeth-Krankenhaus gebracht worden sind, das wie das Marienhospital zur Contilia-Gruppe gehört.

Auf bis zu 400 beziffert der Chefarzt der Klinik für Kardiologie, Dr. Christoph Naber, die Zahl der Patienten pro Jahr, die bislang zunächst ins Katholische Krankenhaus eingeliefert wurden und dann für einen Herzkatheter nach Essen gebracht werden mussten. Das falle nun weg. Und damit auch das Risiko, dass beim Krankentransport die für Infarktpatienten kritische Zeit von 60 Minuten überschritten werde, wie Professor Heinrich Wieneke, ebenfalls Chefarzt der Kardiologie, ergänzt. Beide sind davon überzeugt, dass man damit die Qualität der Kardiologie im Katholischen Krankenhaus sichert.

„Wir schießen nicht übers Ziel hinaus“

Eine etwas andere Warte nimmt der Geschäftsführer des Krankenhauses, Hubert Brahms, ein. Für ihn ist es auch eine Frage des Prestiges. „Wir haben eine große Intensivstation. Und dazu gehört ein kardiologischer Multifunktionsplatz.“ Zumal rund die Hälfte aller Notfallpatienten Kardiologiepatienten seien, so Chefarzt Wieneke weiter. Dass es im direkten Umkreis - in Essen, Duisburg und Oberhausen - bereits zwölf Kathetermessplätze allein in Kliniken gibt und auch das Evangelische Krankenhaus in seiner Chest-Pain-Unit (CPU) über solch ein Gerät verfügt, ficht Brahms nicht an.

Das Ruhrgebiet sei zwar ein „kompetitives Umfeld“, so der Geschäftsführer, aber dennoch sei die Anschaffung gerechtfertigt. Zum einen sei Mülheim mit seinen mehr als 170 000 Einwohnern statistisch gesehen eine der ältesten Städte in Deutschland. Zum anderen würden bislang mehr als 40 Prozent der Mülheimer außerhalb der Stadt versorgt. Außerdem rechne man pro Kathetermessplatz mit 80 000 Einwohnern, sagt Professor Heinrich Wieneke. Insofern schieße man nicht übers Ziel hinaus.

Erzeugt ein Messplatz größeren Kostendruck?

Generell gibt es keine Reglementierungen zur Anschaffung von Herzkathetermessplätzen. Das sagt die Bezirksregierung. Nach dem aktuell gültigen Krankenhausplan könne jede Klinik, die eine Abteilung für Innere Medizin hat, einen Herzkathetermessplatz einrichten. Die Frage ist, wie viel Kostendruck ein Messplatz auf die Kliniken ausübt. Professor Feraydoon Niroomand, Chefarzt der Kardiologie im Evangelischen Krankenhaus beziffert die Kosten eines Herzkathetermessplatzes, der 24 Stunden am Tag und sieben Tage in der Woche einsatzbereit gehalten wird, auf „mindestens 800 000 Euro im Jahr“. Schließlich benötige man für den Bereitschaftsdienst das Personal, das über eine entsprechende Expertise verfügen müsse.

Mit anderen Worten: Die Ausgaben muss die Klinik auch wieder erwirtschaften. Und damit sich ein Messplatz trage, müsse man „rund 1000 Untersuchungen pro Jahr machen“, so Niroomand weiter, der in der Kardiologie des Evangelischen Krankenhauses auf bis zu 1800 Untersuchungen pro Jahr kommt. Auch damit sei man noch nicht ausgelastet. Und die Interventionsquote, also die Zahl der tatsächlichen therapeutischen Eingriffe, liege bei gerade einmal 30 Prozent. Die Gefahr, die Niroomand sieht: Dass sich ein zusätzlicher Kathetermessplatz womöglich seinen Bedarf selber schaffen könnte.

Auf keinen Fall gehe es um mehr Untersuchungen

Auf 1000 Untersuchungen kommt das Marienhospital nicht. Das sei auch gar nicht der Ansatz, sagt Chefarzt Christoph Naber, der nicht den Eindruck erwecken möchte, mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit in Zukunft mehr Patienten auf den Tisch des Messplatzes zu legen, als überhaupt notwendig und sinnvoll wäre. Auf keinen Fall gehe es darum, mehr Untersuchungen zu machen.

„Um reine Qualitätssicherung“ gehe es, so Naber weiter, und um die individuell beste Behandlung für den Patienten. Dazu gehörten auch das MRT und das CT, einen Herzkatheter bekomme im Marienhospital nur jeder zehnte Patient. Und als Mitglied der Contilia-Gruppe stehe man nicht unter dem Kostendruck, den vielleicht einzeln betriebene Krankenhäuser verspürten.