Mülheim. . An der Mülheimer Basis dominieren Ablehnung und Skepsis. Vereinzelt heißt es aber: Regieren bedeutet auch Chancen und Ziele umzusetzen.

  • Die Mülheimer Jusos lehnen eine Große Koalition ab: „Die GroKo glasklar abgewählt“
  • Mancher Ortsvereinsvorsitzende hält die Tolerierung einer Minderheitsregierung für wesentlich besser
  • Andere sind hin und hergerissen und meinen: „Mitregieren heißt immer auch mitgestalten“

Die Mülheimer Jusos drücken ihre Ablehnung gegenüber einer erneuten Großen Koalition (GroKo) in Berlin am deutlichsten aus: „Trotz unserer Erfolge wurde die GroKo vom Wähler glasklar abgewählt.“ Aus Sicht der SPD-Nachwuchspolitiker gibt es kaum noch Schnittmengen mit den Konservativen; Reformen mit der CDU/CSU können sich die Jusos nicht vorstellen. Opposition ist für sie Gebot der Stunde. „Nur dort wird die SPD den Wählern gerecht, die sie gewählt haben.“ Soweit der Standpunkt der Jusos.

Jan Vogelsang, Ratsherr und Nachwuchstalent der SPD, schließt sich der Meinung der Jusos voll an. „Ich bin klar gegen die Fortsetzung einer GroKo“, sagt er.

Nicht das bewegen, was sie möchten

Die Haltung ist in der Mülheimer SPD offensichtlich weit verbreitet. „Ich lehne die GroKo klar ab, habe sie schon beim letzten Mal abgelehnt. Ich glaube, dass wir als SPD dann längst nicht das bewegen können, was wir möchten“, sagt Margarete Wietelmann, Bürgermeisterin und Ratsfrau. Der jüngste Vorfall zum Glyphosat, wo der CSU-Minister die SPD und die Kanzlerin ausgetrickst habe, habe sie in ihrem Nein und Misstrauen noch einmal bestärkt.

Neuwahlen stoßen auch bei der SPD in Mülheim kaum auf Zustimmung.„Das wäre fahrlässig gegenüber dem Wählervotum“, sagt Sascha Jurczyk, Ortsvereinsvorsitzender in Styrum. Dagegen findet eine Minderheitsregierung eher Zustimmung: „Ich halte die Tolerierung einer Minderheitsregierung für deutlich sinnvoller als eine Große Koalition“, erklärt etwa Daniel Mühlenfeld, Ortsvereinsvorsitzender in Heißen/Heimaterde. Dies würde im Parlament auch wieder zu echten Debatten führen, meint er. Es würde echte Entscheidungen geben. Es würde intensiver diskutiert. „Wir kämen weg von der Talkshow-Demokratie.“ Aus seiner Sicht ein Gewinn für das Parlament und die Demokratie. Eine GroKo hieße aus seiner Sicht wieder starre inhaltliche Festlegungen.

Wenn schon GroKo, dann teuer verkaufen

Mancher ist zwiegespalten, aber schon mit der Tendenz: Besser wir lassen die Finger von einer Neuauflage der Großen Koalition. Sascha Jurczyk gehört dazu. „Ich betrachte die GroKo sehr kritisch. Ich sehe die Gefahr, dass sich die SPD verbiegt. Auf der anderen Seite haben wir als Volkspartei und größte Oppositionspartei auch den Anspruch, Verantwortung zu übernehmen. Wenn schon GroKo, dann sollten wir uns sehr teuer verkaufen, um noch viel mehr sozialdemokratische Ziele umzusetzen“, so Sascha Jurczyk.

Mancher Ortsverein will in den nächsten Tagen und Wochen noch einmal intensiv die Frage der Regierungsbeteiligung diskutieren, erst recht, wenn es ernst werden sollte. Dann wird es auch Stimmen geben, die für eine Neuauflage plädieren: „Mitregieren heißt immer auch mitgestalten. Das ist doch besser, als vier Jahre passiv einer Regierung zuschauen zu müssen. Ich sehe darin Chancen“, sagt Peter Bruckmann, der den Vorsitz beim Ortsverein Holthausen hat. Er gibt auch zu bedenken, dass Europa auf Deutschland schaut. „Allerdings müssten wir die GroKo sehr gut verhandeln“, betont er. Die aktuellen Debatten zur Regierungsbildung sieht er skeptisch: „Zurzeit sind leider zu viele Emotionen im Spiel.“

Mitgliederzahl immer weiter gesunken

Zehn Ortsvereine gehören zum Unterbezirk Mülheim. Wie überall ist die Mitgliederzahl in den vergangenen Jahren immer weiter gesunken. Derzeit gehören der Partei etwa 1800 Mitglieder an.

Die Ortsvereine suchen einen regelmäßigen Kontakt zur Bevölkerung, öffnen Mitgliederversammlungen oder führen regelmäßig in den Stadtteilen mit Bürgern Begehungen durch.