Luisenschüler drehen mit 22-jährigem Berliner im Chemieunterricht Filmclips über verrückte Experimente. Kursleiterin spürt Motivationsschub.

  • Als „Techtastisch“ lässt sich der 22-jährige Berliner Marcel Häfele verrückte Alltagsexperimente einfallen
  • Am Samstag besuchte er die Luisenschüler und ging mit ihnen in den Chemieraum
  • Häfele sagt: „Ich bin neugierig möchte möglichst viele Jugendliche für Naturwissenschaften begeistern“

Leuchten rote Gummibärchen eigentlich rot, wenn man sie – nunja – entzündet? Im Chemielabor der Luisenschule pressen gut 30 Schüler gespannt ihre dicken Schutzbrillen an die Sichtscheibe. Hinter dem Glas brodelt Kaliumchlorat über dem Bunsenbrenner. Vorsichtig führt ein Schüler das bibbernde Bärchen über den Rand einer Phiole. Die Kamera läuft mit.

Ein Brummen und das Glimmen im Kolben kündigen vom jähen Ende des bärgewordenen Glukosesirups. Rot leuchtet das nun nicht gerade, wie ein Schüler mit fachlicher Hingabe beobachtet. Eher eine Art Violett. Das Kaugummi, das anschließend ein heißes Chloratbad verordnet bekommt, weist hingegen einen „schönen Rotton“ auf, was wohl am Zucker liegt.

Schicksal der Süßigkeiten

Film ab beim Experiment.
Film ab beim Experiment. © Oliver Müller

Das Schicksal der Süßigkeiten ereilt wenig später auch einen schokoladigen Weihnachtsmann, Würfelzucker, eine Grafitmine und Stahlwolle. „Eine Redoxreaktion mit dem Metall“ merkt Marcel Häfele zum intensiv rostroten Glühton an. Babybell-Käse glimmt hingegen unspektakulär - „zu viel Fett, zu wenig Zucker“, meint Chemie-Kursleiterin Beate Schulte.

Häefele ist an diesem Samstagmittag ein Stück weit für den so genannten Nerd-Faktor zuständig, denn als „Techtastisch“ lässt sich der 22-jährige Berliner regelmäßig verrückte Alltagsexperimente einfallen, die er aufzeichnet und auf Youtube sendet.

Von wegen dröge Wissenschaft

So lässt er etwa Trockeneis über die angewärmte Fläche eines 3D-Druckers gleiten und erklärt dabei, warum sich zwischen Platte und Eis ein Luftkissen bildet. „Ich bin einfach neugierig wie ein Kind, wenn’s darum geht, naturwissenschaftliche Prozesse zu hinterfragen. Und ich möchte möglichst viele Jugendliche dafür begeistern“, meint Häfele. Zudem: An Kaliumchlorat käme der Youtuber so einfach nicht ran, „weil man damit auch dumme Sachen machen kann ...“ Von wegen also dröge Wissenschaft – 350 000 Menschen gucken sich seine Chemie-Clips an, das ist derart auskömmlich, dass sich „Techtastisch“ damit sogar selbstständig gemacht hat.

 Luisenschüler halten die Experimente mit ihrem Handy fest.
Luisenschüler halten die Experimente mit ihrem Handy fest. © Oliver Müller

Auch in der Luisenschule will der Youtuber die Begeisterung für die MINT-Fächer – Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik – entfachen. Die Idee, den Berliner für diese Sondermission zu gewinnen, hatten die Schüler während eines „Youth Science Camp“ in Duisburg im vergangenen Sommer. Mit Hilfe des zdi-Netzwerks Mülheim und der Mülheim & Business Wirtschaftsförderung hat man ihn schließlich für einen Tag in die Ruhrstadt geholt.

Vorbild für junge Leute

Lena (17) machen die Experimente Spaß, „man kann seine eigenen Ideen einbringen“, sagt sie. „Natürlich schauen wir uns das nicht nur an, sondern erarbeiten später auch die Theorie“, sagt Beate Schulte. Die Motivation aber für Jugendliche, sich mit Naturwissenschaft auseinanderzusetzen, sieht sie durch solche anschaulichen Aktionen als hoch an: „Techtastisch ist ein Vorbild für junge Leute – das wollen wir nutzen.“ Einziger Wermutstropfen: der Spüldienst für die Kolben. Er bleibt wohl an Schulte hängen.