Mülheim. . Eine turbulente Premiere: Maria Neumann zeigte ihr neues MärchenHänsel und Gretel im Theater an der Ruhr. Kleine Revolte und großer Applaus.

Bei der Premiere von Maria Neumanns „Hänsel und Gretel“ probt das junge Publikum eine kleine Revolte: Als die Hexe schließlich hintenüber in die imaginäre Ofenklappe purzelt, fackeln die Kinder nicht lange, schmeißen Teigklümpchen hinterher – möge die böse Alte auf immer im Feuer schmoren. Der Kollektivismus steckt an. Allerdings stecken die Kinder, viele davon im Grundschulalter, solche Grausamkeiten der Märchenart offensichtlich gut weg.

Die Studio-Bühne im Theater an der Ruhr ist weiß eingestäubt, als bei den Anklängen feiner Weihnachtsmusik gebacken wird. Da lassen sich die Kinder nicht lange bitten, langen tüchtig in die Mehltüte, um es weitreichend unter den Teig zu kneten. Das Gejohle beim Happy End des Märchens der Gebrüder Grimm ist groß: und wenn sie nicht gestorben sind. . . Über soviel unerwarteten Einsatz ihrer Sprösslinge staunen die Erwachsenen nicht schlecht, spenden lachend Applaus. Auch für die beiden Mädchen aus dem Publikum, die im Anschluss spontan eine Performance zu ihrem Lieblingssong auf der Bühne hingelegt hatten. Gefeiert wurde am Ende, na klar, mit reichlich Süßigkeiten für alle.

Mitmachen ausdrücklich erwünscht

Wenn Mitmachen bei den Märchenvorstellungen von Maria Neumann immer ausdrücklich erwünscht ist, dann war sie selbst von den Reaktionen überrascht. Freudig: „Es war einfach nur wunderbar“, sagt die Schauspielerin.

Eng an der Original-Geschichte hat Maria Neumann ihr Stück angesiedelt, hat es mit frischen Ideen zu den Figuren umgesetzt. Wie immer, spielt sie sie alle selbst: Hänsel und Gretel, das Baumfäller-Ehepaar und die Hexe. Wer sich das Mädchen mit blonden Zöpfchen vorgestellt hat, wird eine Gretel mit schwarzen Ringellocken und rosa Schleife erleben. Für den Rollenwechsel braucht es für Maria Neumann nicht viel. Im Lagenlook angezogen, tauscht sie ruckzuck Kostüme. Kinderstimmen, die sie zuvor bei Mitmach-Aktionen zum Märchen in der Innenstadt gesammelt hat, kommen zu einzelnen Szenen sporadisch vom Band. „Ich möchte bitte gesunde Schokolade, die wie Gurke schmeckt“, sagt ein Kind zum Thema Hunger. Denn im Märchen geht’s auch um die Familien- und Kinderarmut. „Brot ist das Wichtigste, um sich ernähren zu können“, sagt ein anderes.

Im Umzugskarton aus Pappe

Anfangs sitzen Hänsel und Gretel im Umzugskarton aus Pappe. Sie träumen – von Kartoffelpüree. Es ist ein Bild, das an die Obdachlosigkeit mancher Kinder und Jugendlicher in dieser Welt erinnert. Vielfach kommt das Papp-Utensil noch zum Einsatz: Ein fantastisches Stück, was sowohl die ideenreiche Umsetzung, als auch das kreativ-leuchtende Bühnenbild des alten Märchen-Stoffes betrifft.

>>> HÄNSEL UND GRETEL FÜR GRUNDSCHULEN

Feste Mitspieler der Märchenaufführungen im Theater an der Ruhr sind Gerd Posny (Musik/Ton), Bekim Aliji (Ausstattung/Licht ). Jedes Märchen aus dem Repertoire wurde von Maria Neumann und den Beteiligten selbst erarbeitet.

Das Märchen „Hänsel und Gretel“ spielt Maria Neumann jetzt im Theater an der Ruhr auch für Grundschulklassen.

Nächste Sonntagsvorstellung von Hänsel und Gretel: 29. Oktober, 16 Uhr, 599 0188.