Mülheim. . Die Probleme, die zur Schließung der Mülheimer VHS führten, haben Gutachter schon 2012 benannt. Aber das Ausmaß war nicht klar, sagt die Stadt.

In einem bislang unter Verschluss gehaltenen Brandschutzkonzept zum VHS-Gebäude in der Müga steckt Brisanz: Schon damals ist von jenen umfassenden Mängeln die Rede, die am 18. September abrupt zur Schließung der Bildungseinrichtung geführt haben. Die Mülheimer Bürgerinitiativen wittern einen Skandal, die Stadtverwaltung versucht zu beschwichtigen.

Es ist ein Satz im 38-seitigen Brandschutzkonzept der Bochumer Sachverständigen von CE-N Civil Engineering Network, der erneut für Aufruhr sorgt: „In allen Geschossen“, heißt es da, „sind eine Vielzahl von Leitungsdurchführungen insbesondere von Elektro- sowie EDV-Leitungen durch brandschutztechnisch qualifizierte Wände nicht oder nur unzureichend geschottet.“ Gutachterlich festgestellt ist dieser Mangel mit Datum vom 27. September 2012.

Nicht ordnungsgemäß verlegte Leitungen

Fast exakt fünf Jahre später hat die Stadt nach einer Brandschau durch Feuerwehr und Bauordnungsamt die VHS von einem auf den anderen Tag schließen lassen. Wesentliche Begründung: nicht geschottete Leitungen.

„Die VHS ist löchrig wie ein Schweizer Käse“, so Axel Booß als Leiter des Bauordnungsamtes. Die nicht ordnungsgemäß verlegten Leitungen, die Löcher in den Wänden, würden im Notfall einen Kamineffekt herbeiführen, der zu einer rasanten Ausbreitung von Feuer und Rauch führe, hieß es.

Das alles, argumentieren nun die MBI, habe also schon 2012 im Brandschutzkonzept gestanden. Fraktionssprecher Lothar Reinhard wundert sich, warum nicht seinerzeit schon eine Sperrung angeordnet worden ist. Die MBI bringen immer wieder ihre Befürchtung zum Ausdruck, die Stadt plane längst nicht mehr mit dem Weiterbetrieb des Gebäudes. Sie verweisen darauf, dass eine Brandschutzsanierung jahrelang immer wieder verschoben worden war.

Sanierung wurde jahrelang verzögert

Stadtsprecher Volker Wiebels räumte am Donnerstag ein, dass die Stadt die Sanierung Jahre vor sich her geschoben hat. Dafür gebe es aber triftige Gründe, schließlich habe es manche „Rangelei“ um den VHS-Standort gegeben: a) habe seinerzeit die Option im Raum gestanden, an Ort und Stelle eine Sparkassen-Akademie anzusiedeln, b) habe das Denkmalschutz-Verfahren zur Unterschutzstellung des Gebäudes eine Entwicklung gehemmt und c) habe es die Diskussion darum gegeben, ob die VHS ganz aus der Müga weggehe.

Wiebels verwies darauf, dass im Herbst 2016 schließlich doch mit der Sanierung begonnen worden sei, bis September seien 450.000 Euro investiert worden. Mitte September sei man nun an Punkt 25 der Sanierungsmaßnahmen angelangt und habe feststellen müssen, dass die Mängel eben gravierender seien als angenommen.

Mängel gravierender als angenommen

Im Brandschutzkonzept von 2012 sei zwar die Rede von einer „Vielzahl“ besagter Abschottungsmängel, so Wiebels. Nun, da im Rahmen der Sanierungsarbeiten Wände und Decken auch zerstörerisch aufgemacht worden seien, sei festzustellen, dass nicht von 20-prozentigem, sondern von 100-prozentigem Ausmaß zu sprechen sei. „Das kann man glauben, oder man lässt es“, sagt Wiebels, hörbar genervt von den vehement vorgetragenen Zweifeln daran, ob die Stadt in Sachen VHS ein ehrliches Spiel betreibt.

Initiative fordert sofortige Wiedereröffnung

Die Bürgerinitiative „Erhalt unserer VHS in der Müga“ fordert eine sofortige Wiedereröffnung der seit Mitte September wegen Brandschutzmängeln geschlossenen Bildungseinrichtung, eine Sanierung bei laufendem Betrieb und eine „sofortige Information aller Dozenten und aller Kursteilnehmer über das weitere Vorgehen“.

Das gab die Initiative am Donnerstag nach einem Treffen tags zuvor bekannt. „Es ist ein Unding, wenn auch nach bald drei Wochen seit der urplötzlichen Schließung nur 120 von über 500 VHS-Kursen ab nächste Woche interimsmäßig woanders stattfinden können“, heißt es in einer Mitteilung der Initiative. Es sei unzumutbar, rund 200 Dozenten und über 5000 Kursteilnehmer weiter im Unklaren zu lassen, wie es weitergehe. Nicht nachvollziehbar sei, warum eine Sanierung nicht im laufenden Betrieb durchgeführt worden sei, das sei über Jahre etwa auch in der Gustav-Heinemann-Gesamtschule möglich gewesen.