Mülheim. . An drei Gesprächsabenden berichten geflohene Menschen über ihre Erfahrungen. Eröffnet wurde die Reihe mit dem Schwerpunkt Syrien.

  • Geflüchtete erzählen von ihrem normalen, friedsamen und glücklichen Leben in Aleppo
  • Die beiden nächsten Abende werden den Brennpunkt-Ländern Eritrea und Afghanistan gewidmet sein
  • Pfarrer Janßen erinnert an das „Wunder von Mülheim“ – die Aufnahmeleistung der Stadt

Die erste von drei Begegnungen, bei denen Flüchtlinge im direkten Dialog mit dem Publikum über Erlebnisse auf der Flucht und die Aufnahme in Mülheim erzählen konnten, fand am Mittwochabend statt. Initiiert vom Katholischen Stadtdekanat und dem Evangelischen Kirchenkreis an der Ruhr sowie der Mülheimer Initiative für Toleranz (M.I.T.) werden die beiden nächsten Abende den Brennpunkt-Ländern Eritrea und Afghanistan gewidmet sein.

Abgerundet wird jeder Abend mit einer einführenden Basisinformation zum jeweiligen Land und einem Imbiss mit landestypischen Leckereien – ein Muss für jeden, der Köstlichkeiten mit vielen uns unbekannten Gewürzen schätzt.

Das Wunder von Mülheim

Stadtdechant Michael Janßen klärte gleich zu Beginn über den Ursprung der Dialog-Runden auf: „Beweggründe für Flucht sind immer noch unzulänglich im Bewusstsein der Menschen“. Im Jahr 2017 hat Deutschland noch 13 000 bis 16 000 Flüchtlinge pro Monat aufgenommen, wie Schirmherr Ulrich Ernst, Sozialdezernent der Stadt, bei der Begrüßung sagte. Dabei hat sich Mülheim von der menschlichsten Seite gezeigt: Pfarrer Janßen erinnert an das „Wunder von Mülheim“ ob der Aufnahmeleistung der Stadt. Und Dagmar Tietsch-Lipski, Assessorin vom Evangelischen Kirchenkreis an der Ruhr, zollt den unzähligen Freiwilligen und Ehrenamtlichen Dank und Anerkennung.

Entwurzelung und Absturz

Auf der Bühne zeugen jedes Wort der Geflüchteten von der Brutalität der Entwurzelung und des sozio-ökonomischen Absturzes, den sie durchlitten haben. Es sind zwei Schneider, eine angehende Apothekerin und eine sichtlich erfüllte Mutter von drei kleinen Kindern, die von ihrem normalen, friedsamen und vor allem glücklichen Leben in Aleppo erzählen. Nicht untypisch für den Mittleren Osten war Syrien ein Musterbeispiel für das friedliche Zusammenleben von verschiedenen Ethnien, darunter Araber, Kurden, Armenier. Und auch Religionen: Muslime, Christen, Jesiden.

Eine geflüchtete Frau aus dem Publikum äußert ihre Verzweiflung darüber, dass sie gar nicht mehr weiß, welcher dieser Gemeinschaften sie angehören soll. Ganz deutlich zu erkennen ist, dass mangelnde Sprachkenntnisse die Integration erheblich behindern.

Dankbarkeit für Deutschland

Eine Rückkehr können sich die Geflüchteten dennoch nicht vorstellen. Nicht weil es ihnen hier so gut geht, sondern, wie Hassan erzählt, weil seine Kinder, bedingt durch die Flucht, bruchstückhaft arabisch und kurdisch gelernt haben, aber heute am besten Deutsch beherrschen. Ihnen in so jungem Alter einen weiteren Neuanfang zumuten, das wollen sie nicht.

Die geflüchteten Syrer äußern immer wieder ihre tief empfundene Dankbarkeit für die Aufnahme in Deutschland. Mit Schuldgefühl im Bauch äußert eine Frau, dass ihre Kinder mit ihrer Arbeit eines Tages Deutschland etwas davon zurückgeben werden, was sie als Flüchtlinge bekommen haben.

Dem Chaos in der Heimat entflohen, wissen sie Ordnung und Disziplin in Deutschland zu schätzen. Selbst wenn auch diese Tugend ihnen manchmal in Bezug auf Behörden und Papierkrieg zu weit geht: „Deutschland ist Warten“ hat vielsagend ein Geflüchteter Deutschland beschrieben, berichtet Inamaria Wronka, Sprecherin der M.I.T.

<<<WEITERE TERMINE

Zu zwei weiteren Begegnungen mit Geflüchteten aus Eritrea und Afghanistan sind Interessierte eingeladen.

Die Termine finden statt: Eritrea am Mittwoch, 18. Oktober, 19 Uhr, Evangelisches Gemeindezentrum (Albertstraße 86, Styrum). Afghanistan: Mittwoch, 8. November, 19 Uhr, Kloster Saarn (Klosterstraße 53, Saarn.)