Altstadt. Im CVJM-Zentrum auf dem Kirchenhügel treffen viele verschiedene Nationen aufeinander. Jugendreferentin ist zugleich auch Integrationscoach.
- Zwischen 40 und 60 junge Menschen besuchen das Haus des CVJM auf dem Kirchenhügel regelmäßig
- Viele von ihnen – überwiegend männliche Jugendliche – sind vor Krieg und Verfolgung geflohen
- Nach anfänglichen Streiterein funktioniert das Miteinander jetzt gut, sagt die Jugendreferentin
Zur Begrüßung und zum Abschied gibt hier jeder jedem die Hand und wenn schon mal geschimpft wird, dann bitte auf Deutsch, damit’s jeder versteht. Sonst droht auch mal die Tür – von außen. Zu streng? Im Mülheimer CVJM sind Regeln und Konsequenz eine Frage des gegenseitigen Respekts.
Denn Jugendliche aus vielen Nationen spielen, reden und musizieren zusammen im Altstadt-Eck zwischen Kettwiger und Teinerstraße. Und das geht nicht immer konfliktfrei ab – es seien schließlich ganz normale Jugendliche, macht Ute Hoffmann deutlich. Seit fünf Jahren ist sie Jugendreferentin im „Christlichen Verein junger Männer“ (CVJM).
Vor allem männliche Jugendlichen, die geflüchtet sind
Gut und gerne zwischen 40 und 60 junge Menschen besuchen das Haus, das von der Ökumene getragen wird. Christen, Muslime, Jesiden – die meisten der überwiegend männlichen Jugendlichen sind geflüchtet vor Krieg und Verfolgung aus Syrien, Irak. Als viele Geflüchtete 2015 auch nach Mülheim kamen, bot sich der CVJM als Partner an, um Jugendliche zu betreuen.
Was viele von ihnen erlebt haben, hat sich bei ihnen eingebrannt: Bomben zerstörten die Heimat, Todesangst vor dem IS, die Familie verloren, die auf der Flucht ertrank. Mancher der etwa 20-Jährigen habe furchtbare Szenen auf den Handys aufgenommen.
Punkrock, Playstation und Kartenspiel
Und doch ist vieles genauso wie in jeder anderen Jugendstätte auch. Im Empfangsraum läuft Punkrock, zwei junge Männer spielen Fußball an der Playstation, am Tisch läuft gerade ein syrisches Kartenspiel. Im Saal hingegen sind die zahlreichen Kicker- und Billard-Tische gut besetzt. Nebenan gibt es den Freiraum, den die Siemens-Nachwuchsgruppe mit 40 Kindern und Jugendlichen für etwa 3000 Euro nach eigenen Wünschen baute. Ein Bällebad ist deshalb drin, genauso wie Fitnessgeräte und eine Sitzbank aus Paletten. Außerdem gibt’s im Erdgeschoss noch einen Bandraum und eine Werkstatt. Im Innenhof spielen junge Leute Basketball, dort sind Blumenbeete aus Paletten angelegt, die die Siemens-Gruppe ebenfalls baute – „das Innenhof-Projekt ist aber noch nicht beendet“, sagt Hoffmann.
Im ersten Stockwerk eröffnet sich ein großer Saal für Tanzgruppen, Film- und andere Aufführungen, auch eine Bibelstunde. „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“ steht über der kleinen Theke im Eingangsraum als klares christliches Bekenntnis. Es geht eben nicht nur um Beschäftigung, sondern ebenso um Inhalte. Mit viel Stolz zeigt Ute Hoffmann deswegen eine Regelwand und eine Wand der Religionen, die Jugendliche wie Mitarbeiter gemeinsam erarbeitet haben: „Wir glauben an Gott“, hat einer der jungen Männer geschrieben und um den Begriff Symbole verschiedener Glaubensrichtungen gezeichnet. Ein anderer: „Der Islam ist eine Religion des Friedens und der Liebe.“
Gegenseitiger Respekt ist wichtig
Die anfänglichen Streitereien und auch Schlägereien untereinander haben abgenommen, seit man sich an einen Tisch gesetzt hat, berichten die Besucher. „Es ist der Hammer, wie weltoffen Muslime, Jesiden, Christen jetzt hier zusammen leben“, meint Hoffmann, die extra für die besondere Flüchtlingssituation eine Weiterbildung zum Integrationscoach gemacht hat. Und die soll keine Einbahnstraße sein. „Ich respektiere, wenn Muslime mir als Frau während des Ramadan aus religiösen Gründen nicht die Hand geben“, sagt die CVJM-Mitarbeiterin. Aber wer etwa Frauen grundsätzlich nicht akzeptiert, „hat hier nichts verloren“.