Mülheim. . Das Farbfernsehen gibt es seit genau 50 Jahren. Radio- und Fernsehtechnik-Meister Arnold Fessen erinnert sich an die Anfänge.

  • Radio- und Fernsehtechniker Arnold Fessen kann sich an die Zeit, als die Bilder bunt wurden, gut erinnern
  • Der Fernseher zählte damals zu den Schmuckstücken im Wohnzimmer
  • An Farbgeräten war ein Schalter zum Abschalten der Farbe eingebaut: Für Zuschauer, denen es zu bunt wurde

Die zwei Fernsehgeräte, die Arnold Fessen mit Liebe hegt und pflegt, haben Geschichte geschrieben. Das ältere stammt aus dem Jahre 1952, es gilt als erster Schwarz-Weiß-Apparat, den Philips in Krefeld gebaut hat. Das andere massive Schätzchen war das erste Farbgerät, das Philips produzierte. Es kam 1967 – also vor genau 50 Jahren – auf den Markt. Damals, als das Farbfernsehen geboren wurde.

Radio- und Fernsehtechniker Arnold Fessen, mittlerweile im Ruhestand, kann sich an die Zeit, als die Bilder im TV plötzlich bunt wurden, noch gut erinnern. Er stand damals kurz vor der Meisterprüfung, musste bei der Handwerkskammer einen Farb-TV-Lehrgang absolvieren. „Die neue Technik war aufregend für uns junge Leute, aber auch kompliziert. Man war froh, wenn ein Gerät lief und keine Mucken machte“, erzählt er schmunzelnd.

Schmuckstück im Wohnzimmer

Der Fernseher zählte damals zu den Schmuckstücken im Wohnzimmer. Er steckte meist in einem edlen Holzgehäuse – manchmal sogar mit abschließbarer Tür. „Das Fernsehgerät war vor allem aber groß und schwer“, so Fessen. Sein alter Philips Dürer K wiegt 45 Kilo, hat 27 Farbröhren und weist deshalb eine Tiefe von 54 Zentimetern auf. „Verglichen mit den Flachbildschirmen heute ist das natürlich enorm“, sagt der Experte. Stolz war auch der Preis des Monstrums: 2596 Mark. „Das war fünf Mal so viel wie ein Schwarz-Weiß-Gerät. Der Verkauf der Farbfernseher lief daher nur langsam an.“

Amerika war den Deutschen damals voraus: Dort guckten die Menschen schon länger auf die bunte Mattscheibe, ihr NTSC-System war aber fehlerhaft. Der Farbton änderte sich zwischendurch immer wieder. Professor Walter Bruch von Telefunken entwickelte in Deutschland dann das PAL-System. „Farbtonänderungen wurden dabei in Farbsättigungsfehler umgewandelt, so dass sie kaum noch erkennbar waren“, erklärt Arnold Fessen. PAL wurde in vielen anderen Ländern übernommen.

Die additive Farbmischung war ein Grundpfeiler des Systems. Die Farbe Weiß erhielt man beispielsweise durch eine ganz bestimmte Mischung von Grün, Rot und Blau. „Das Wichtigste war damals, das der Hautton bei den Personen stimmte, der musste natürlich aussehen“, weiß Fessen noch.

1967 ging das Farbfernsehen an den Start

Am 25. August 1967 ging das Farbfernsehen an den Start. Auf der Funkausstellung in Berlin durfte Vizekanzler Willy-Brandt den Schalter umlegen. Noch am selben Tag liefen im ersten und im zweiten Programm Studio-Aufnahmen, der Spielfilm „Cartouche, der Bandit“ oder auch die Unterhaltungssendung „Der goldene Schuss“ in Farbe. „Die neuen Farbgeräte gab es da aber schon sein ein paar Monaten, wir hatten sie vielen Kunden bereits vorgeführt. Denn Versuchssendungen waren auf ARD und ZDF zu sehen – farbige Testbilder etwa oder auch das berühmte Bild eines Strohhutmädchens“, blickt der TV-Techniker zurück.

Das Testbild-Mädchen für die Farbeinstellung.
Das Testbild-Mädchen für die Farbeinstellung. © Michael Dahlke

Wichtig sei dem Erfinder Dr.Walter Bruch gewesen, dass Schwarz-Weiß- und Farb-Geräte kompatibal waren. Man sollte und konnte auf dem Schwarz-Weiß-Gerät neue farbige Filme sehen, aber in Schwarz-Weiß – und auf dem Farbfernseher auch Schwarz-Weiß-Produktionen. „Sehr schnell wurde an den Farbgeräten ein Schalter zum Abschalten der Farbe eingebaut, denn es gab Menschen, denen das Bunte zu stark war, die es nicht den ganzen Abend lang ertragen konnten“, erinnert sich Arnold Fessen.

Mattscheibe sollte nach Osten ausgerichtet werden

Probleme gab es, so Arnold Fessen, anfangs auch mit dem Aufstellungsort des Fernsehers. Die Mattscheibe sollte nach Osten ausgerichtet werden, angeblich verursachte der Erdmagnetismus sonst Farbflecke auf dem Bildschirm. Die Techniker mussten sich zudem vor Röntgenstrahlen schützen, die durch die Hochspannung der Bildröhre entstanden. Aber auch Hitze strahlte der TV-Apparat ab. „Das war wie ein Heizofen, mit dem man das Zimmer heizen konnte“, erzählt der Fernseh-Techniker. Die Röhrentechnik, so berichtet er, „war insgesamt reparaturanfällig“.

Gucken in der Gaststätte war wieder „in“

Mit dem neuen Farb-TV entstanden nicht nur eine Reihe von Arbeitsplätzen in NRW (bei Philips und Graetz), es lebte auch eine eingeschlafene Kultur wieder auf: Das Fernsehgucken in der Gaststätte war wieder „in“ – für die vielen Bürger, die sich (zunächst) kein eigenes Farbgerät leisten konnten.

Arnold Fessen hat praktische Anleitungen zur Reparatur der alten TV-Geräte aufgeschrieben. „Bald schon wird ja keiner mehr wissen, wie’s geht“, sagt er. Seine beiden alten Schmuckstücke (das Farbgerät übernahm er ‘72 von der Oma) kriegt der Tüftler auch heute noch in Gang, er muss jedoch vier Geräte dazwischen schalten, die unter anderem das digitale Signal in ein analoges umwandeln. Dann läuft in den zwei Flimmerkisten sogar das aktuelle TV-Programm.

<<< WIE HABEN SIE DIESE ZEIT ERLEBT?

Geschichten kann sicherlich nicht nur der Radio- und Fernsehtechniker Arnold Fessen über die Einführung des Farbfernsehens erzählen. Wie haben Sie diese Zeit erlebt, welche Anekdoten können Sie zum Besten geben? Wann und wie guckten Sie erstmals in Farbe fern?

Bunt waren zu Beginn viele Unterhaltungssendungen oder US-Serien. Die Nachrichten blieben dagegen noch einige Zeit schwarz-weiß. Man fand das damals seriöser. Wer etwas berichten kann, sollte sich an die Redaktion, Eppinghofer Straße 1-3, wenden unter 44308-41.