Liegen gebliebener Müll? Für den Anwohner ein Ärgernis, für die MEG ein Missverständnis, für das Umweltamt ein Trend.

„Eigentlich wollte ich mich nicht mit einem Müllberg aus Mülheim verabschieden.” Fritz Kocks ist wütend auf die Mülheimer Entsorgungsgesellschaft (MEG). Nachdem er 32 Jahre lang in Speldorf gelebt hatte, fürchtete er nach seinem Umzug, auf dem Sperrmüll sitzen zu bleiben.

„Anfang des Monats habe ich mit der MEG einen Termin zur Abholung ausgemacht”, berichtet der 76-Jährige, der mittlerweile in Moers lebt. „Für vergangenen Freitag.”

Am Montag rief ihn seine ehemalige Nachbarin an: Der Müll sei immer noch da. Die Nachfrage bei der MEG ergab, dass der Abholtermin nie vermerkt wurde. Kocks ist sich sicher: „Bei denen ist gehörig etwas schief gelaufen.” Er bekam einen neuen Termin, für den nächsten Freitag. Doch zufrieden war der ehemalige Mülheimer nicht. „So liegt der Müll ja über eine Woche auf der Straße.”

Viele Fälle

Rolf Blessing vom Umweltamt sind im gesamten Jahr schon viele Fälle von nicht oder verspätet abgeholtem Sperrmüll oder „wildem Müll” zu Ohren gekommen – er spricht von einem regelrechten „Trend”. „Bei uns gehen täglich mehrere Anrufe ein”, sagt er. Letztendlich liegt die kostenlose Sperrmüllabfuhr von privaten Haushalten jedoch bei der MEG, zu 51 Prozent Stadttochter, zu 49 ein privates Unternehmen.

Momentan beratschlagten Umweltamt und MEG, was gegen nicht eingehaltene Termine unternommen werden könne. Ein Hauptproblem sei, dass bei ihrer Vereinbarung nicht standardmäßig die Telefonnummer des Kunden aufgeschrieben werde.

Dazu komme, dass viele den Begriff „Sperrmüll” zu weit fassten. Unter die Entsorgung fallen lediglich sperrige Haushaltsgegenstände wie Möbelstücke, zusätzlich etwa Herde, Waschmaschinen, Kühlschränke, Computer, Fernseher und Metallschrott. Abfälle in Kartons oder in blauen Säcken sowie Renovierungsabfälle müssen getrennt gegen Gebühr abgegeben werden. Müll, der kein Sperrmüll ist, bleibt laut Rolf Bessing damit tatsächlich oft liegen. Weitere Anwohner türmten den Abfallberg dann immer höher – wie auch im Speldorfer Fall.

"Wilder Müll"

Ein weiteres Problem in Mülheim ist verwaister „wilder Müll”. Im Oktober sammelten Jugendliche bei der MEG-Aktion „Mülheim räumt auf” fast acht Tonnen Abfall. Auch Landschaftswächter Wilfried Austerwieschen hat viel Ärger. „Zuletzt musste ich zweieinhalb Monate warten, bis die MEG Unmengen von Müllsäcken weggeräumt hat.” Laut Rolf Blessing ist die Stadt, ähnlich wie beim Sperrmüll, hier zunächst in der Pflicht – und gibt den Sammelauftrag dann an die MEG weiter.

Ein weiterer Grund, dass sich die Abholung oft verzögere, liege bei den Behördengängen. „Schließlich müssen wir den Verursacher herausfinden.” Beim „wilden Müll” kommt laut Günther Helmich, einer von zwei Geschäftsführern der MEG, noch die Schwierigkeit hinzu, dass dieser von der Stadt als „herrenlos” deklariert werden muss, bevor die MEG ihn mitnehmen darf. Sperrmüll müsse grundsätzlich angemeldet werden.

Im Fall von Fritz Kocks treffe die MEG laut Helmich keinerlei Schuld. Der erste Anruf, bei dem angeblich ein Termin vereinbart wurde, habe nie stattgefunden. „Ich weiß nicht, was da passiert ist.” Gestern ließ der Geschäftsführer den Sperrmüll aus Speldorf abholen. Fritz Kocks ist ein wenig versöhnt: „Es ist alles weg.” Hat jedoch auch eine Erklärung für das plötzliche Handeln: „Schlechtes Gewissen.” Und bevorzugt das Abholsystem in Moers.