Mülheim. WAZ-Leser besichtigen das Logistikzentrum der Fliedner-Werkstätten. 25 Menschen mit Behinderungen arbeiten dort ganz professionell.
- Fliedner-Werkstätten luden WAZ-Leser zu Besichtigung des Standortes Pilgerstraße ein
- In der riesigen Industriehalle lagern unzählige Artikel des WDR und eines Leuchtenherstellers
- 25 Menschen mit Behinderungen packen hier ein und aus, sortieren, etikettieren und liefern aus
Die riesige Lagerhalle liegt mitten im Industriegebiet an der Pilgerstraße. Sie ist eine von sechs Betriebsstätten der Fliedner-Werkstätten: ein großes Logistikzentrum, in dem professionell, also qualitäts- und gewinnorientiert, gearbeitet wird. 25 Menschen mit Behinderung sind hier beschäftigt. Dazu kommen 13 Mitarbeiter, die als Gruppenleiter, Sozialpädagogen oder Verwaltungskräfte tätig sind.
Für die Aktion „WAZ öffnet Pforten“ haben die Verantwortlichen der Fliedner-Werkstätten ganz bewusst dieses Arbeitsfeld ausgewählt. „Wir wollen Ihnen heute zeigen, was wir Neues tun“, sagt Daniel Möller, Sprecher der Betriebsleitung. Dass Menschen mit Behinderungen in den Bereichen Holzbearbeitung, Gartenbau oder auch Elektrofertigung tätig sind, ist hinlänglich bekannt. Von dem Lager- und Logistikzentrum aber haben die meisten Mülheimer noch nichts gehört.
Neue Denkansätze stehen hinter der Arbeit in allen Fliedner-Werk-stätten. Die Zeiten, in denen behinderte Menschen simple Gegenstände anfertigten, nur damit sie irgendwie etwas zu tun hatten, sind längst vorbei. „Wir wollen besser ausbilden und besser beschäftigten. Wir fragen die behinderten Menschen, wofür sie sich interessieren und richten dann speziell Arbeitsplätze für sie ein“, erklärt Möller. Jeder könne so seine besonderen Fähigkeiten einbringen und sich die Chance schaffen, irgendwann in den ersten Arbeitsmarkt zu wechseln. Das heißt aber auch: Die Werkstätten müssen wettbewerbsfähig sein, gefragte Dienstleistungen anbieten sowie hochwertige Produkte herstellen.
Auf 5000 Quadratmeter lager diverse Dinge
In der Halle an der Pilgerstraße wird zwar nichts hergestellt, aber dennoch hochkonzentriert gearbeitet. Zwischen den zehn Meter hohen Regalen fahren die Gabelstapler hin und her, hier gibt es Menschen, die Waren auspacken, einpacken, sortieren und etikettieren. Drei junge Männer versehen gerade Lichtstrahler-Gehäuse mit einer Aufhängung und stapeln sie dann in großen Kisten. „Die gehen von hier aus in die Lackiererei“, erläutert Gruppenleiter Tim Wolni.
Auf 5000 Quadratmetern lagern an der Pilgerstraße viele verschiedene Dinge zwischen – vor allem Produkte eines großen Leuchtenherstellers sowie (containerweise!) Materialien des WDR: Büroartikel jeder Art, aber auch Werbematerial – darunter die berühmte Maus (aus Stoff). Christian Wloczyk, seit drei Jahren im Logistik-Team dabei, bedient den Lagerturm. Er zeigt, wie man per Knopfdruck verschiedene Regalböden herunterfahren kann. In einem davon liegen T-Shirts, in einem anderen Tücher, und in einem dritten Tacker. „Der WDR ruft bei uns täglich ab, was er braucht und wir verpacken die Dinge dann und liefern sie nach Köln“, berichtet Tim Wolni. Auch heute sind die Kurierfahrer wieder Richtung Rheinland unterwegs.
Wie muss sein Arbeitsplatz beschaffen sein?
Ein Teil der Lagerhalle – so erfahren die WAZ-Leser – wird nicht von den Fliedner-Werkstätten genutzt, er ist untervermietet an die Firma Kodi, die eigene Mitarbeiter hat. „Man begegnet sich hier aber, man teilt sich die Geräte. Es interessiert gar nicht, wer eine Behinderung hat. Das ist Inklusion“, erklärt Daniel Möller begeistert.
Was ist der adäquate Einsatzort für einen Mitarbeiter? Wie muss sein Arbeitsplatz beschaffen sein? Mit diesen Fragen beschäftigt sich Frank Lemmer vom Sozialen Dienst der Werkstätten. Mit jedem einzelnen Kollegen stellt er Förderpläne auf, formuliert Ziele für die berufliche Rehabilitation. Manche Beschäftigte können sogar auf einen Außenarbeitsplatz wechseln, arbeiten im Supermarkt, im Krankenhaus, auf einem Pferdehof oder bei einem Tennisverein.
Im Idealfall folgt die Übernahme
Sogar eine ganze Gruppe von Menschen mit Behinderung ist von einem Duisburger Unternehmen „angeheuert“ worden. Jeder Außeneinsatz erfolgt mit umfassender Integrationsbegleitung durch das Fliednerwerk, das macht die Anstellung für die Industrie interessant. Die Menschen mit Behinderung bleiben dabei Angestellte der Werkstätten. „Wer sich die Arbeit in der fremden Firma nicht mehr zutraut, kann jederzeit zurückkommen“, sagt Daniel Möller. Es habe aber auch schon Außenbeschäftigte gegeben, die vom Arbeitgeber in ein reguläres Arbeitsverhältnis übernommen wurden. Das sei natürlich der Idealfall.
Im Logistikzentrum an der Pilgerstraße, so erfahren die WAZ-Leser, werden übrigens auch Konfektionierarbeiten von Kosmetikprodukten erledigt: Gepackt werden die Geschenkpakete mit Cremes, Lotionen und Parfüms, die Weihnachten in den Drogerien stehen.