Mülheim. . Tierhalter, die auf Sozialleistungen angewiesen sind, können mit ihren Lieblingen zur monatlichen Sprechstunde des Tierschutzvereins gehen.

  • Hunde- und Katzenhalter, die auf Sozialleistungen angewiesen sind, können zum Tierschutzverein gehen
  • An jedem ersten Mittwoch im Monat steht Tierärztin Petra van Halder dort zur Tiersprechstunde bereit
  • Das Angebot gibt es bereits seit acht Jahren, in der Kartei des Tierschutzvereins stehen rund 500 Klienten

Sie kommen her, weil es ihrem Hund, ihrer Katze gut gehen soll. Denn die Tiere sind häufig die einzigen Wesen, die treu an ihrer Seite geblieben sind. Ein Tierarztbesuch aber kann viel Geld kosten – Geld, das manches Herrchen und Frauchen nicht hat. Menschen, die mitunter jeden Pfennig dreimal umdrehen müssen und manchmal nicht genug Geld für eine Dose Hundefutter haben, sind es, die in die Tiersprechstunde des Mülheimer Tierschutzvereins kommen.

Hier, in der Sprechstunde für tierische Patienten, die der Tierschutzverein seit 2009 organisiert, werden Hunde gegen einen Eigenanteil von 10 Euro untersucht, geimpft, gechipt und gegen Parasiten behandelt. Katzenbesitzer erhalten in der Tiersprechstunde einen Kastrationsgutschein, 30 Euro müssen sie schließlich selbst dazu zahlen, wenn sie ihren Stubentiger kastrieren lassen. Alle restlichen Kosten – auch den Lohn für die Tierärztin Petra van Halder, die die Tiere während der Sprechstunde betreut – trägt der Tierschutzverein.

Die Tiere sind oft der einzige Bezugspunkt

Seit sie mit ihrer ehrenamtlichen Tiersprechstunde angefangen haben, haben sie knapp 500 Klienten in ihrer Kartei aufgenommen, zehn bis 15 tierische Teilnehmer kommen durchschnittlich zur monatlichen Sprechstunde, bilanziert Sabine Hense, die das Angebot ins Leben gerufen hat.

Ihr Ziel ist es, die Tiere gesund zu erhalten. Denn: Wird ein Hund oder eine Katze richtig krank, können die Kosten explodieren. Mancher Tierhalter kommt dann an seine finanziellen Grenzen. Deshalb soll die Tiersprechstunde der Prophylaxe und der Aufklärung dienen. Denn, so Sabine Hense: „Viele der Menschen leben eng mit ihrem Tier zusammen, da sind Parasiten ein Thema, Würmer beispielsweise können übertragen werden.“ Aber auch die Menschen auf die Bedürfnisse ihrer Tiere aufmerksam zu machen, ein Verständnis für das Geschöpf zu schaffen, das ist Henses Antrieb. Wohl wissend, dass gerade das Tier häufig das Ein und Alles ist im Leben von Mülheimern, denen ansonsten nicht viel geblieben ist.

 Bevor ihr Hund Paul zur Tiersprechstunde des Tierschutzvereins zugelassen wird,  muss Martina Nowack (r.) den Ehrenamtlichen Sabine Hense (l.) und Heidi Pepmeier (M.) nachweisen, dass sie Sozialleistungen bezieht.
Bevor ihr Hund Paul zur Tiersprechstunde des Tierschutzvereins zugelassen wird, muss Martina Nowack (r.) den Ehrenamtlichen Sabine Hense (l.) und Heidi Pepmeier (M.) nachweisen, dass sie Sozialleistungen bezieht.

Und so sagt Martina Nowack auch über ihren Paul: „Er ist mein Lebensretter.“ Vorher hat die Heißenerin unter schweren Depressionen gelitten. Seit drei Jahren ist jetzt der Rüde an ihrer Seite und sie sagt: „Durch ihn bin ich gesünder geworden.“

Sollte Paul ernsthaft krank werden, sie könnte sich nicht vorstellen, ihn aus finanziellen Gründen abzugeben, sagt Martina Nowack. „Eher würde ich noch eine Putzstelle annehmen, um das zu finanzieren.“ Damit ist Martina Nowack eine Ausnahme, weiß Sabine Hense. Denn einige, die kommen und um Hilfe bitten, kämen mit überzogenen Vorstellungen. Andere wiederum hätten gar keinen Anspruch auf Behandlung ihrer Tiere, berichtet Hense: „Wir werden auch schon mal angepöbelt, wenn wir jemanden wieder wegschicken, weil er den Nachweis über Sozialleistungen nicht dabei hat. Und manche scheinen zu denken: Ich probiere es da einfach mal.“

Jeden ersten Mittwoch von 14 bis 15 Uhr

In den acht Jahren, seit das Angebot an den Start ging, sagt Hense, habe das ehrenamtliche Team des Tierschutzvereins dazu gelernt: „Wir mussten unsere Leistungen einschränken, die Anzahl der Katzen etwa hat den Rahmen gesprengt.“ Sie werden nur noch für eine bevorstehende Kastration begutachtet. Werde aber ein krankes Tier vorgestellt, das eine lebenswichtige Operation benötige, sagt Sabine Hense stellvertretend für den Tierschutzverein: „Da sind wir die Letzten, die nicht helfen.“

>>> Infos

Die Tiersprechstunde des Mülheimer Tierschutzvereins findet an jedem ersten Mittwoch im Monat statt. Dann stehen die ehrenamtlichen Tierschützer und Tierärztin Petra van Halder von 14 bis 15 Uhr im Café Light (im ehemaligen Frauengefängnis), Gerichtsstraße 11, bereit.

Mülheimer mit Bedürftigkeitsnachweis (Bescheid der Sozialagentur) dürfen dann ihren Hund oder ihre Katze vorstellen. Teilnahmebeitrag: 10 Euro für Hunde, 30 Euro für Katzen, die später kastriert werden sollen.

Tierliebe Menschen gesucht

Außerdem suchen die Mülheimer Tierschützer händeringend tierliebe Menschen, die Tiere kurzfristig aufnehmen, wenn Herrchen oder Frauchen überraschend ausfallen, etwa ins Krankenhaus müssen. Anfragen dazu erreichen den Tierschutzverein regelmäßig – auch aus der Tiersprechstunde heraus. „Wir haben aktuell zwei Fälle, bei denen die Tierhalter zur Entgiftung müssen und ein Jack-Russell-Terrier sowie eine Katze für die Dauer untergebracht werden müssen“, sagt Tierschützerin Ines Pieper. In der letzten Tiersprechstunde brachte auch Monika von Dalwig-Nolda ihr Anliegen vor: „Mein Knie muss bald operiert werden. Da meine Tochter aber eine Tierhaarallergie hat, kann sie meine Phoebe nicht nehmen“, erzählt die 70-jährige Heißenerin und bietet an: „Wenn sich Hilfe findet, würde ich im Gegenzug auch das Tier von jemand anderem nehmen.“

In solchen Situationen sollen die ehrenamtlichen Tierfreunde zum Einsatz kommen, um die der Tierschutzverein wirbt und einen verlässlichen Stab von Kurzzeit-Pflegestellen aufbauen will. Dabei bieten sich die Tierschützer als Vermittler an und betonen: „Das soll keine Konkurrenz zu kommerziellen Tierpensionen sein.“ Vielmehr sei das Angebot, das auf Ehrenamt – und im Idealfall auf Gegenseitigkeit – beruht, für diejenigen Tierhalter gedacht, die nur ein geringes Budget zur Verfügung haben und sich eine professionelle Tierbetreuung gegen Gebühr nicht leisten könnten.