Mülheim. . Die Bestattungskultur hat sich verändert. Dr. Martin Venne hat für Mülheim ein Konzept entwickelt. Er erklärt es am Beispiel des Heißener Friedhofs.
- Ein Landschaftsarchitekt hat ein Konzept geschrieben, um den Veränderungen in der Bestattungskultur Rechnung zu tragen
- Auf dem Heißener Friedhof erklärte Dr. Martin Venne jetzt die notwendigen Schritte anhand mehrerer konkreter Beispiele
- Der Rat soll im September darüber entscheiden, ob das Konzept tatsächlich der Leitfaden für die zukünftige Planung sein soll
Martin Venne ist ein Friedhofsexperte. Der Landschaftsarchitekt stammt aus einer mehrere Generationen umfassenden Familie von Friedhofsgärtnern. Über die Frage, wie Städte ihre Friedhofsflächen effektiver nutzen können, indem sie sich stärker an den Wünschen der Menschen orientieren, hat er seine Doktorarbeit geschrieben. Die klassischen Familiengräber werden kaum noch gesucht, die Menschen wollen lieber kleine Flächen, die zudem leicht zu pflegen sind. Die Folge für die Kommunen: Neue Grab-Modelle sind gefragt.
Gleichzeitig werden weniger Gebühren eingenommen, denn kleinere Flächen kosten natürlich weniger. Vennes fachlicher Rat wird deswegen von vielen Städten gesucht, auch für Mülheim hat er ein Konzept entwickelt. Der Grundtenor auch hier: Flächen werden reduziert, das Angebot der Gräbertypen muss erweitert werden.
Stadtrat entscheidet im September über Konzept
Am Beispiel des Friedhofes Heißen erklärt Venne vor Ort, was er darunter versteht, wenn er der Stadt empfiehlt, „nutzerorientiert“ zu planen. Eingeladen hat ihn die SPD-Ratsfraktion, denn der Stadtrat ist es, der im September darüber entscheiden muss, ob dieses Konzept tatsächlich der Leitfaden für die künftige Planung sein soll. Konkret hat Venne über die Zeit bis 2039 nachgedacht, er macht aber deutlich, dass es letztlich um Grundsatzentscheidungen geht, die Einfluss auf die künftigen 50 Jahre haben.
Warum die Reduzierung der Fläche sinnvoll ist, zeigt Venne gleich hinter dem Eingang des Friedhofs am Sunderweg: Ungenutzte Lücken zwischen den einzelnen Grabfeldern, teilweise sind sie ziemlich groß. Typisch für alle der elf Friedhöfe in Mülheim, wie Venne betont. Im Schnitt könnte für alle die Formel gelten: Der neue Kernbereich umfasst in etwa die Hälfte der bisherigen Fläche. „Und was passiert mit dem Rest? Bauland?“, wollen die Politiker wissen.
Stadt will Friedhofsflächen aktuell nicht umwidmen
Diese Befürchtung kann Sylvia Waage vom Grünflächenamt zerstreuen: Einmal sei es nicht so einfach, ehemaliges Friedhofsgelände umzuwidmen, das sei aber auch nicht geplant. Die übrige Fläche soll weiterhin grün bleiben und den Anwohnern zur Naherholung dienen. Ein Weg, erzählt Venne, den viele Städte gingen. Darüber hinaus sei klar: Bis die Fläche jenseits des Kernbereichs tatsächlich vollkommen gräberfrei sei, vergehe einige Zeit. Schließlich sollen Familien oder Ehepaare nicht auseinandergerissen werden, sondern im gemeinsamen Grab dort bestattet werden können. In diesen Bereichen sollen lediglich keine neuen Grabflächen mehr gekauft werden können.
Was alle neuen Modelle vereint: Die Gräber sind kleiner und wenig pflegeintensiv. Venne stellt verschiedene Varianten vor: In der Mitte einer großen Wiese steht eine Stele, dort können die Namen der Verstorbenen eingarviert werden, Angehörige könnten dort auch Blumen hinlegen. Allerdings nicht auf dem Gräberfeld selbst. „Das wäre beim Rasenmähen hinderlich“, so Venne. Freilich wäre dies auch die einzige Pflege, die bei dieser Form der Urnenbestattung anfällt. In einer anderen Variante steht eine große Eiche anstatt einer Stele in der Mitte.
Treuhandstelle könnte Pflegegeld einsammeln
Es gibt aber auch eine Möglichkeit für diejenigen, die zumindest eine kleine Fläche wünschen, auf die sie Blumen legen oder Figuren stellen können. Ein Beispiel: Ein Kreis ist in verschiedene Gräberstücke aufgeteilt, in der Mitte steht eine Säule, auf der zur Seite des Grabes hin der Name eingraviert werden kann. In etwas größerer Form besteht diese Variante auch als Reihengrab. Die Fläche ist nur eingerahmt; wie sie gefüllt wird, obliegt den Angehörigen. Nicht jeder will einen Grabstein darauf setzen oder die Fläche bepflanzen. Theoretisch könnte die Fläche auch leer bleiben. „Der wichtigste Punkt ist die Pflege. Sie wollen die Menschen gleich mit dem Kauf regeln“, so Venne. Er rät zu einer Treuhandstelle, wo das Pflegegeld für eine bestimmte Zeit vorher eingezahlt werden kann.