Mülheim. . Kein Platz, wenig Futter: Schwalben und Mauersegler haben es immer schwerer in der Stadt. Ehrenamtliche wie Inge Püschel päppeln verletzte Tiere auf.

  • Vögel haben es immer schwerer in der Stadt: Durch Sanierungen verlieren sie angestammte Nistplätze
  • Auch der Insektenrückgang macht den Tieren zu schaffen, so dass sie es immer schwerer in der Stadt haben
  • Nabu appelliert an Hausbesitzer, vor Sanierung zu prüfen, ob Nistplätze betroffen sind

Wo nisten in Mülheim noch Mauersegler und Schwalben? – das wollen der Naturschutzbund Ruhr (Nabu) und das Mülheimer Umweltamt von den Bürgern wissen. Die Tiere haben es immer schwerer in der Stadt: Durch (energetische) Sanierungen werden ihnen – zumeist aus Unkenntnis – die angestammten Nistplätze genommen. „Und überall spricht man vom Rückgang der Insekten“, ergänzt Elke Brandt, stellvertretende Nabu-Vorsitzende.

Kein Platz und wenig Futter: Kein Wunder, dass sich dort, wo früher große Schwärme der aus Afrika zurückgekehrten Mauersegler den Frühling ankündigten (und viele Schwalben den Sommer) heute nur noch vereinzelt Vögel sehen lassen, wie Elke Brandt in Mülheim beobachtet hat. Wenn die Naturschützer mehr über den Bestand der hoch geschützten Vögel wissen, können sie auch im Vorfeld mehr für sie tun.

Prüfen, ob Nistplätze wegfallen

Durch die Artenschutzprüfung ist gesetzlich festgelegt, dass ein Gebäude vor dem Abriss auf mögliche „Untermieter“ zu untersuchen ist. Doch auch, wer nur sein Dach sanieren lassen will, ist verpflichtet, zu prüfen, ob dabei Nistplätze wegfallen. Dann müssen diese Arbeiten, daran erinnert der Nabu, während der Brutzeit ruhen, und Ersatznistkästen sind anzubringen. Das hat die Wohnungsbaugesellschaft SWB bei der großen energetischen Sanierung in Saarn getan: In Zusammenarbeit mit dem Nabu ließ die SWB zwischen 2010 und 2014 an 85 Häusern Mauersegler-Nistkästen aufhängen. Gerade die standorttreuen Segler, die 20 Jahre alt werden können, brauchen Nisthilfen, weil sie stets zu ihren alten Nestern zurückkehren.

Mauersegler suchen nicht das flache Land. Sie nisten gern in der Stadt. Wo es alte Häuser gibt, in deren Dächern sie Lücken finden. Die Zugvögel sind gewöhnt an Mauerlöcher, Ritzen und Spalten unter Dachziegeln oder in Rollladenkästen, um dort ihre ein bis zwei Küken pro Jahr aufzuziehen. Doch selbst, wenn der Nistplatz vom Vorjahr im Frühling noch da ist, wurde es in diesem Jahr schwer für die Tiere.

In den brütend heißen Sommertagen fielen flugunfähige Jungvögel reihenweise vom Dach und wurden mit Glück von jemandem gefunden, der sie in kundige Hände gab, wie in die von Inge Püschel. Die muss erst mal zählen, wie viele „Patienten“ sie derzeit in ihrer Küche aufpäppelt. 20 sind es in diesen Tagen permanent, berichtet sie, manche konnte sie schon fliegen lassen, doch es kommen immer noch Nachzügler. Wie der Segler, der sich erfolgreich gegen einen Greifvogel wehrte, oder das Tierchen, das sich beim Springen aus dem Nest an einem Faden verhedderte und erst von Feuerwehrleuten vom Dach geschnitten wurde.

Schöne Vögel mit klugen Augen

Die schönen Vögel mit ihren klugen Augen, die den Betrachter schnell für sich einnehmen, sind nicht nur niedlich, sie machen vor allem Arbeit. Ehrenamtliche wie Inge Püschel, die als selbstständige Biologin arbeitet, füttert die Küken sechs bis acht Mal am Tag. „Diese Vögel jagen Fluginsekten aus der Luft, sie können nicht aus einem Napf fressen“, erklärt sie.

Untersuchungen hätten ergeben, dass ausschließlich die Fütterung mit Heimchen (Hausgrillen) vergleichbar mit der natürlichen Aufzucht durch die Altvögel ist. Diese versorgen ihre abgestürzten Jungen nicht mehr, weil sie vom Boden aus nicht starten können.

Mauersegler sind Felsenbrüter

Mauersegler sind Felsenbrüter und gemacht für ein Leben in der Luft. Dort schlafen und fressen sie, dort paaren sie sich. Und wenn die nächsten Küken in ihrer Küche genug Gewicht und starke Schwingen haben, wird Inge Püschel sie „starten“: Auf der Hand sitzt dann der Vogel, viel Luft vor sich, wie beim Nest in der Höhe, bis er sich in die Lüfte schwingt. Nicht jeder Vogel ist beim ersten Mal bereit, manchen nimmt sie wieder mit, gibt ihm noch Zeit.

Die Aufzucht von Mauerseglern ist teuer, sie kostet zudem Zeit, Geduld und Energie“, räumt Inge Püschel mit romantischen Vorstellungen auf. Dabei könnten sie und andere, die sich um die Vögel kümmern, durchaus Unterstützung gebrauchen. „Doch das muss man auch können und wollen.“ 50 bis 80 Euro kostet die Aufzucht im Schnitt für Futter und Tierarzt pro Vogel, die Zeit, die Ehrenamtliche wie Inge Püschel opfern, ist unbezahlbar. Der Tierschutzverein Mülheim und der Nabu Ruhr unterstützen finanziell und leiten zweckgebundene Spenden gerne weiter.

>> KONTAKTDATEN

Nistplätze von Mauerseglern, Rauch- und Mehlschwalben in Mülheim sollten (mit Vogelart, Nestanzahl, Adresse und Kontaktdaten) gemeldet werden an den Nabu Ruhr: Susanne Erbach, 0201-710 06 99, info@nabu-ruhr.de

Der Tierschutzverein Mülheim weiß, wer Mauersegler in Not aufnehmen kann: 740 2088. Weitere Infos bei der Deutschen Gesellschaft für Mauersegler in Frankfurt: www. mauersegler.com, beim Nabu Ruhr: www.nabu-ruhr.de