Mülheim. . Bald beginnen viele junge Leute eine Lehre. 520 Jugendliche haben noch keinen Vertrag in der Tasche und suchen weiter. Im Handwerk und Handel gibt es hohen Bedarf.

  • Laut der Bundesagentur für Arbeit gibt es in Mülheim 101 freie Lehrstellen mehr als im Vorjahr
  • 520 Jugendliche befinden sich noch auf der Suche nach einem geeigneten Ausbildungsplatz
  • Auch kurzfristig können Bewerber noch eine Stelle bekommen, beispielsweise als Nachrücker

In wenigen Tagen, am 1. August, beginnen viele Mülheimer eine Ausbildung. Laut der Bundesagentur für Arbeit sind in der Ruhrstadt noch 459 Ausbildungsstellen unbesetzt (Stand Juni 2017) — 101 freie Stellen mehr als im Vorjahr. Demgegenüber stehen 520 suchende Jugendliche ohne Ausbildungsstelle. Von ihnen wollen 116 junge Leute zwar gerne eine Ausbildung machen, können aber alternativ weiter zur Schule gehen oder an Bildungsmaßnahmen teilnehmen.

Im Jahr 2015/16 waren zu dieser Zeit nur 358 Stellen frei. 486 Jugendliche hatten noch keinen Ausbildungsplatz in der Tasche.

Nicht immer finden Arbeitgeber und Azubis zusammen. Manche Branchen haben Schwierigkeiten, geeignete Bewerber zu finden oder es gibt schlicht keine Bewerber. „Für eine Arbeit in der Gastronomie interessieren sich wenige junge Leute, da die Arbeitszeiten in den Abendstunden und am Wochenende liegen“, erklärt Hubert Kathage, Pressesprecher der Arbeitsagentur Ruhr-West. Im Mülheimer Handel werden in diesem Jahr 46 Auszubildende gesucht, jedoch interessieren sich für diesen Bereich nur 16 Personen. Auch Ausbildungen im Lebensmittelbereich sind laut Hubert Kathage bei jungen Leute unbeliebt.

„Eine Ausbildung im Supermarkt hat in der Wahrnehmung junger Leute eben wenig Sexappeal“, sagt auch Franz Roggemann, Geschäftsführer Aus- und Weiterbildung der IHK Essen.

Einfach ein Schild vor den Betrieb zu hängen und auf Ausbildungsanwärter zu hoffen, reiche nicht aus. „Die Unternehmer müssen verstärkt um neue Lehrlinge werben“, meint Roggemann. Eines der Probleme bei der Suche nach Azubis sieht er im Trend nach der Schule zu studieren, statt eine Ausbildung zu beginnen. „Angebot und Nachfrage passen im Ausbildungsmarkt leider nicht immer zueinander“, so Roggemann.

Handwerk sucht qualifizierte Azubis

Dieses Problem kennt Florian Essers, Dachdeckermeister aus Mülheim: „In den letzten Jahren ist es schwierig geworden, geeignete Azubis zu finden .“ Der Betrieb versucht über die Handwerkskammer und über die Präsenz bei Messen auf sich aufmerksam zu machen. „Glücklicherweise haben wir schon einen Auszubildenden für dieses Jahr gefunden“, sagt Essers. Er habe aber Sorge, in Zukunft geeignete Lehrlinge zu finden: „Der Fachkräftemangel droht.“ Um Dachdecker zu werden, brauche man die Fachoberschulreife und gute Kenntnisse in Mathematik.

Keinen bestimmten Schulabschluss brauchen Interessenten für den Bäckerberuf und den Bäckereifachverkauf, die beim Bäcker Hemmerle anfangen wollen. „Die müssen arbeiten können und Interesse am Beruf haben“, erklärt Verkaufsleiterin Sandra Jablonska. Auch für das Familienunternehmen ist es nicht leicht, gute Azubis zu finden. Der frühe Arbeitsbeginn und die Arbeitszeiten am Wochenende schrecke viele ab. Kurzfristige Bewerbungen als Bäcker und Verkäufer sind ihnen willkommen.

Dass es generell noch viele unbesetzte Lehrstellen gibt, kann Jennifer Middelkamp, Pressesprecherin des Unternehmerverbandes nur bestätigen. Es gäbe mehr unbesetzte Stellen als je zuvor. „Jugendliche können daher noch kurzfristig einen Platz finden“, sagt Middelkamp. „Wer sich im Praktikum beweist, der kann auch ohne gute Schulnoten eine Lehre beginnen“, so Middelkamp.

Für Arbeitgeber ist die Suche nach Azubis nicht leicht

Auch in der Alloheim Seniorenresidenz Dimbeck fangen die meisten Lehrlinge mit Vorerfahrung an. Jedes Jahr sind es drei. „Viele haben erkannt, dass Altenpfleger ein sicherer Beruf ist und die Chancen sind bei uns gut, nach der Ausbildung übernommen zu werden“, erklärt Residenzleiter Jens Schmidt. Trotzdem sei es nicht immer leicht, Bewerber zu finden, die dem anspruchsvollem Job des Altenpflegers gewachsen seien.

Bei Edeka Paschmann sind bereits alle Ausbildungsplätze belegt. „Wir müssen allerdings die Bewerber ansprechen und gehen auf Messen und sogenannte Speeddatings“, erklärt Venice Mückschitz, die für die Aus- und Weiterbildung zuständig ist. In Mülheimstarten am 1. August 21 Auszubildende in den Märkten. Gute Bewerber zu finden, sei nicht leicht. „Die Qualität der Bewerbungen verschlechtert sich“, meint Mückschitz.