Mülheim. . Tendenz ist insgesamt positiv. Aber weiterhin haben 20 Prozent der Schüler unentschuldigte Fehlstunden. Viele Fünftklässler fallen schon auf.

  • Der Anteil der harmlosen Fälle mit weniger als 31 Fehlstunden hat sich deutlich erhöht
  • Nach wie vor wird an Förder- oder Hauptschulen häufiger geschwänzt als an Gymnasien
  • Schulverweigerer in der Oberstufe gelten als Einzelfälle

Die Sommerferien nahen – in den nächsten Wochen dürfen alle Kinder lustig der Schule fernbleiben. Schwänzen im Normalbetrieb wird dagegen genau erfasst, jeweils für das vorherige Schuljahr.

Zu den Jahrgangsstufen fünf bis zehn aller weiterführenden Schulen in Mülheim, mit Ausnahme der Waldorfschule, erstellt das städtische Bildungsbüro regelmäßig Fehlzeitenstatistiken, die von den Schulen gemeldet werden. Danach hatte im Zeitraum 2015/2016 ein Fünftel der Schüler (20,4 %) mindestens eine unentschuldigte Fehlstunde, etwas mehr als im Jahr zuvor (19,6 %). Dennoch ist die Tendenz positiv, denn der Anteil der eher harmlosen Fälle mit weniger als 31 Stunden hat sich von 58,7 % auf 79,5 % deutlich erhöht.

Zahl der der Dauer-Schwänzer halbiert

„Dauerhaft gefehlt“, wie die Fachleute es nennen, mit mehr als 120 verpassten Stunden im Schuljahr, haben weniger als fünf Prozent der Schüler. Bei der letzten Erhebung waren es noch doppelt so viele. Gar nicht mehr im Unterricht erschienen sind zwei Jugendliche, während es 2013/2014 noch 21 Schüler waren.

Eine „kritische Grenze“ ziehen die Mitarbeiter des Bildungsbüros dort, wo mehr als 30 Fehlstunden zusammenkommen, jemand also eine ganze Woche Unterricht verpasst hat. Diejenigen, die sogar dauerhaft schwänzen, mindestens vier Wochen versäumen, „gefährden neben ihrem Schulabschluss auch ihre berufliche Perspektive“.

Fehlzeiten nehmen mit steigendem Bildungsniveau ab

Tendenziell, so geht es aus dem Bericht hervor, nehmen die Fehlzeiten mit steigendem Bildungsniveau ab. Gemessen an der Gesamtzahl von Kindern, die eine bestimmte Schulform besuchen, wird also etwa an Förder- oder Hauptschulen häufiger geschwänzt als an Gymnasien (siehe Grafik oben). „Dieser Trend war 2013/2014 jedoch noch wesentlich stärker ausgeprägt“, heißt es. Damals hatten 93,3 % der Förderschüler unentschuldigte Fehlzeiten auf dem Konto und 79,9 % der Hauptschüler, nun sind es 51,3 % beziehungsweise 54,2 %. Nicht geändert hat sich: Jungen schwänzen deutlich häufiger als Mädchen.

Wenn man einzelne Jahrgangsstufen betrachtet (siehe oben), fällt den Fachleuten vor allem auf, dass Fehlzeiten schon für mehr als jeden zehnten Fünftklässler ein Thema sind, „das mit zunehmendem Alter an Bedeutung gewinnt“. Bei den Zehntklässlern leistet sich ein Viertel der Jugendlichen unentschuldigte Fehlzeiten. Mit weitem Abstand die schlechteste Quote von 55,3 % haben „sonstige Klassen“: Hierzu gehören die internationalen Förderklassen sowie auch Jugendliche, die in der Praxisklasse („Beruf und Schule“) der Hauptschule unterrichtet werden.

Schwierige Situation in Ausbildungsvorbereitungsklassen

Von den Berufskollegs werden keine Fehlzeiten abgefragt, was allerdings nicht heißt, dass dort alles problemlos läuft. „In einigen Bildungsgängen ist es sehr schwierig“, hat Roland Plüser, zuständiger Mitarbeiter im Bildungsbüro, in Gesprächen mit Schulleitungen erfahren, „besonders in den Ausbildungsvorbereitungsklassen.“

Ebenfalls nicht berichtet wird über die Oberstufen an Gesamtschulen und Gymnasien. „Dort“, so Brita Russack, Leiterin des städtischen Bildungsbüros, „sind die Zahlen aber wirklich klein und Schulverweigerer nur Einzelfälle.“

Projekt „Apeiros“ wirkt offenbar schon

Zu den Maßnahmen, mit denen man Schulverweigerung in Mülheim vorbeugen möchte, gehört das 2015 gestartete Modell „Apeiros“. Nach Einschätzung des Bildungsbüros zeigt es auch schon Wirkung.

„Apeiros“ wurde entwickelt in einem gleichnamigen Jugendhilfe-Institut in Wuppertal, dessen Team die Schulen vor Ort unterstützt. Fehlzeiten werden mit einer speziellen Software erfasst, gefährdete Kinder und Jugendliche pädagogisch begleitet. Dabei sollen „Apeiros“-Leute, Lehrer und Schulsozialarbeiter zusammenarbeiten.

Neun Schulen sind beteiligt

Bislang beteiligen sich neun Mülheimer Schulen: die Gesamtschulen Saarn und Gustav-Heinemann, alle drei Realschulen, die Hauptschule am Hexbachtal, die Wilhelm-Busch-Förderschule und beide Berufskollegs. Mit Ausnahme der Berufskollegs, wo keine Daten abgefragt wurden, wiesen alle dieser Schulen im Vorjahr „nachweislich niedrigere Anteile“ von Jugendlichen auf, die mehr als 120 unentschuldigte Fehlstunden hatten, also notorisch schwänzen, so der Bericht.

„Die Zahlen sind auf jeden Fall besser geworden“, sagt Roland Plüser vom Bildungsbüro, „und wir gehen davon aus, dass ,Apeiros’ einen Beitrag dazu leistet.“ Das Projekt ist auf fünf Jahre befristet und könne nicht die alleinige Lösung sein, meint Brita Russack. „Die Schulen müssen das Thema hochhalten und kontinuierlich daran arbeiten.“