Mülheim. . Mülheims Weiße Flotte hat am Wochenende Jubiläum gefeiert – und jeder konnte zahlen, was er wollte. Da war der Bootsmann am Ende doch überrascht.
- Mülheims Weiße Flotte erlebte am Wochenende ein buntes Programm zu ihrem 90. Geburtstag
- Am Sonntag konnten die Fahrgäste der Linienfahrten bezahlen, was sie wollten
- „Die Fahrgäste haben doch ziemlich großzügig gegeben“, sagt Bootsmann Rolf Scholten
Wie sang Hans Albers einst mit einigem Schmalz im hanseatischen Zungenschlag: „Nimm uns mit, Kapitän, auf die Reise, nimm uns mit in die weite, weite Welt.“ Nun, die liegt vom Mülheimer Wasserbahnhof aus maximal in Kettwig. Allerdings kam am Sonntag bei den Jubiläumsfahrten zum 90. Geburtstag der Weißen Flotte eine kaum bekannte Zeile aus Norbert Schultzes Evergreen zur Geltung, heißt es dort nämlich auch „Nimm all unser Geld. . .“ Waren doch bei den stündlichen Linienfahrten alle Mülheimerinnen und Mülheimer eingeladen, mitzufahren und „nur so viel zu bezahlen, wie sie möchten!“
Was sie denn auch fröhlich taten, wie Rolf Scholten, Bootsmann auf der 1955 gebauten „Friedrich Freye“, berichtete: „Ich hatte ja erst Bedenken, dass alle nur mit Kupfergeld ankommen würden. Aber die Fahrgäste haben doch ziemlich großzügig gegeben.“ Dabei stand auf den in historischem Design gestalteten Fahrscheinen der „Mülheimer Ruhrschiffahrt“ (jawohl, korrekte Schreibweise über Jahrzehnte) doch „Preis 10 Pfg.“ Einen Groschen habe er aber bis zum Nachmittag noch nicht bekommen, so Scholten lachend: „Ich finde die Aktion richtig gut, weil wir ja unsere Betriebskosten haben, egal wie viele Leute auf dem Schiff mitfahren.“
Eine Bootsfahrt: erholsam für Radtouristen
Und das waren beileibe nicht nur Mülheimer, die bei bestem Sommerwetter über die Ruhr nach Kettwig (und zurück) schipperten. Heike und Hubert Leiwes etwa waren gleich mit 14 ehemaligen Schulkollegen für das Wochenende aus Rheda-Wiedenbrück angereist, um mit dem Fahrrad Mülheim zu erkunden. „So ein Ausflug mit dem Schiff ist da genau das Richtige, um sich von den Fahrradtouren zu erholen“, erklärte Heike Leiwes, die in der westfälischen Doppelstadt eine Kaffeerösterei betreibt. In Kettwig wolle man erst einmal gemütlich ein Eis essen gehen und – der Linienverkehr macht’s möglich – dann später ein anderes Schiff zurück zum Wasserbahnhof nehmen.
Besonders stilecht feierten Brigitte und Ralf Zamzow das Jubiläum der Weißen Flotte – ganz im Look der Gründerjahre, schweißtreibend in Reifrock und Frack mit Zylinder. Während ihr Freund Andreas Wilms, der das Paar zur Schiffsreise eingeladen hatte, den Landjunker in Reitstiefeln samt Sporen gab. „Wir machen das aus Spaß an der Freud und um das Jubiläum zu würdigen“, so der 54-Jährige, der zwischendurch auch mal vergnügt ein Drachenboot anfeuerte.
Fahrgäste zücken ihre Handys, um Bilder zu machen
Und sich wie die anderen Gäste unterwegs nicht nur an der wunderbar grünen Flusslandschaft, sondern auch an paddelnden Senioren, badenden Hunden und picknickenden Familien am Ruhrufer erfreuen konnte. Da wurden immer wieder die Handys gezückt, um besonders pittoreske Situationen abzulichten – und natürlich auch die Mintarder Brücke, die man schließlich auch nicht alle Tage aus dieser Perspektive zu Gesicht bekommt.
Die zahlreichen Kanada-Gänse dagegen nahmen das sonntägliche Ausflugsvergnügen gelassen und zeigten der Weiße Flotte ganz schnöde zumeist ihr Hinterteil.