Mülheim. . Bevor die Fusion von Evag und MVG perfekt ist, wird ein neuer Personalleiter installiert. Kunden sind sauer, weil Fahrer und Fahrzeuge fehlen.

Alle Fusions-Versuche der Nahverkehrsbetriebe im westlichen Ruhrgebiet sind bisher an Prellböcken gescheitert. Der neue Anlauf von Mülheimer Verkehrs-Gesellschaft (MVG) und Essener Verkehrs AG (Evag) kommt auch nur langsam in Fahrt, obwohl die Räte und Oberbürgermeister sich einig sind: „Es gibt auf diesem Weg kein Zurück.“ Trotz klaren Vorgaben und unausweichlicher Zusammenarbeit sind die Fusionsverhandlungen oft von Postenschacherei, Einflussnahme und Machterhalt geprägt. Dazu kam erst jetzt noch eine besondere Personalie heraus: Wolfgang Hausmann (Evag) hat am 1. April (kein Scherz) die Leitung des „Bereiches Personal und Soziales“ auch bei der MVG übernommen.

Personalressort müsse beim größeren Betrieb bleiben

Damit hat der ehemalige Vorsitzende des Evag-Betriebsrates fast erreicht, was er schon vor einigen Jahren werden wollte: Arbeitsdirektor bei der Evag und danach bei der Via-Verkehrsgesellschaft. Die Via-Scherben werden gerade beseitigt. Die Fusion von MVG und Evag zur neuen „Ruhrbahn“ ist noch nicht amtlich. MVG-Mitarbeiter fragen sich: „Ist das die dritte Spitze durch die Hintertür? Wozu brauchen wir diesen Mann?“ Vorstand Michael Feller sei doch zuständig fürs Personalwesen. Diesen Bereich sollte nach ersten Absprachen Uwe Bonan (Ex-Kämmerer in Mülheim) übernehmen. Aber es kam schnell anders Der Evag-Aufsichtsrat bestand darauf: Das Personalressort müsse in der Ehe beim größeren Betrieb bleiben – nun von zwei Personen verwaltet.

Besser läuft es offensichtlich bei der Besetzung des Betriebsrates für die neue „Ruhrbahn“. Unter den Beteiligten hat Vernunft persönliches Positionsbeharren abgelöst. „Wir sind jetzt auf einem guten Weg“, bestätigt Ahmet Avsar. Er treibt die „für uns alle wichtige Fusion“ nach seinen Möglichkeiten an. Für ihn ist partnerschaftliche Zusammenarbeit entscheidend. Das erwartet auch Oberbürgermeister Ulrich Scholten.

Trotz Fahrplankürzungen gibt es noch Fahrausfälle

Auf oberen Ebenen wurden Posten installiert, bei Fahrern und in den Leitstellen Personal abgebaut. Dort klaffen jetzt Lücken, die eingesparte Mitarbeiter hinterlassen haben. Trotz Fahrplankürzungen gibt es noch Fahrausfälle, überfüllte Straßenbahnen und verärgerte Kunden. Moderne Mülheimer Bahnen helfen bereits in Essen aus. Dafür müssen in dieser Stadt öfter alte Schätzchen mit hohen Trittstufen rollen, obwohl der Betriebsleiter bei der Kommunalaufsicht versichert hat: In Mülheim gäbe es immer genug Niederflurwagen für alle Linien. Die Wahrheit ist: Mehrfach haben Kunden Altwagen im Wochenendeinsatz gesehen – wenn ohnehin weniger Bahnen nötig sind – und an die Regierungspräsidentin gemeldet. Dass die MVG der Evag mit Bahnen aushilft, gehöre zur Fusion, dürfe sich aber nicht nachteilig auf die MVG auswirken, sagt die Aufsichtsbehörde.

Die plumpe Gehaltserhöhung für beide Geschäftsführer zum Jahresbeginn hat das Ansehen beider Betriebe mit Billigung des Evag-Aufsichtsrates längerfristig beschädigt. Erst nach heftigen Protesten haben die Vorstände auf ihren Bonus von jeweils 50.000 Euro verzichtet.

Richterin empfiehlt betriebsinterne Einigung

Was der neue Mann fürs Personal bei der MVG (Mülheimer Verkehrs-Gesellschaft) bewirkt, hat sich in den vergangenen Tagen gezeigt. Zum ersten Mal sah sich der Betriebsrat gezwungen, das Arbeitsgericht um Hilfe zu bitten. „Wir mussten annehmen, das ausgelesene Daten aus der Signalanlage der Straßenbahnen für mehr als nur einen speziellen Fall verwendet werden sollten“, erläutert Ahmet Avsar (MVG-Betriebsratsvorsitzender). „Wir wollten diese Datenschutzangelegenheiten vorher mit einer Betriebsvereinbarung intern regeln.“ Das habe die Personalleitung abgelehnt.

„Es hat eine Anhörung vor dem Arbeitsgericht stattgefunden“, bestätigt MVG-Sprecherin Simone Klose. „Grund dafür war ein Antrag des MVG-Betriebsrates auf einstweilige Verfügung im Zusammenhang mit einer arbeitsrechtlichen Maßnahme. Der MVG-Betriebsrat sah seine Mitbestimmungsrechte verletzt.“

Auf Anraten der Richterin Antrag zurückgenommen

Auf Anraten der Richterin habe der MVG-Betriebsrat den Antrag zurückgenommen. „Die Richterin ist dabei der Argumentation der Unternehmensseite gefolgt, dass bei Streitigkeiten zwischen den Betriebsparteien zu Mitbestimmungsfragen generell die Einigungsstelle und nicht ein Gericht zuständig ist. Diese wurde in dem vorliegenden Fall bislang nicht vom MVG-Betriebsrat angerufen“, erklärt Klose.

„Wir wollten alles mit einer Betriebsvereinbarung regeln. Das hat die Betriebsleitung uns nicht ermöglicht“, erklärt Ahmet Avsar. „Wir brauchen kein teures Gerichtsverfahren, für den Datenschutz unserer Mitarbeiter.“ Auch Oberbürgermeister Scholten hält das im Fusionsprozess für unnötige Ausgaben.

Ursache des Streits: Ein Fahrer hatte ein Rotlicht innerhalb einer signalgesteuerten, eingleisigen Strecke überfahren. „Der Betriebsrat sah hier seine Mitbestimmungsrechte verletzt. Nach Einschätzung des Unternehmens bestehen in diesem Fall keine Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates“, erläutert Simone Klose. Unternehmensleitung und MVG-Betriebsrat wollen nun zügig eine interne Klärung und Lösung herbeiführen.