Mülheim-Speldorf. . Nach Steinfall 2016 stand zunächst ein Schutzgerüst. Nun wird das Mauerwerk inspiziert und ausgebessert. Das beeinträchtigt das Gemeindeleben.

  • Aus der Höhe waren immer mal wieder Steine vom Turm der Lutherkirche auf den Vorplatz gefallen
  • Das zunächst errichtete Schutzgerüst wird aktuell durch ein Baugerüst ersetzt
  • Die Kosten für Inspektion, Reinigung und Austausch von Steinen liegt im sechsstelligen Bereich

Aus hoher Höhe waren im vergangenen Herbst immer mal wieder Steine, Steinchen und Mörtelteile vom Turm der Lutherkirche auf den Vorplatz gefallen. Um die Gefahr für Passanten zu bannen, wurde im Oktober ein Schutzgerüst errichtet. Aktuell wird dieses durch ein Baugerüst ersetzt. In Kürze, nach der Inspektion, soll die Sanierung des Turmes beginnen.

„Wir haben immer gehofft, dass diese Aufgabe eine andere Generation treffen wird“, sagt Pfarrerin Katrin Schirmer – die geschätzten Baukosten nämlich lägen irgendwo „im sechsstelligen Bereich“. Doch nun, so die 49-Jährige, müsse man es „eben selbst anpacken“. Konkret heißt das für die Speldorfer Gemeinde, dass sie mit Beeinträchtigungen bis zum Winter zu rechnen hat.

Wenn das beeindruckende Gerüst um den 51,25 Meter hohen Kirchturm nach zwei Wochen Aufbauarbeit Anfang Juni stehen wird, geht es an die Schadensermittlung. Meter für Meter wird der Bausachverständige Gerold Engenhorst aus Alpen mit Mitarbeitern des Essener Spezialbaubetriebes Schultheis den Turm, der zu vier Fünftel ummantelt sein wird, unter die Lupe nehmen, abfotografieren. Der Einsatz ist nicht der erste auf Mülheimer Stadtgebiet für das Duo; erst kürzlich zeichneten sie verantwortlich für die Sanierung des ebenfalls maroden Mauerwerkes der Gnadenkirche in Heißen (wir berichteten).

Speldorfer profitieren von Erfahrungen aus Heißen

Von den Erfahrungen aus Heißen profitieren die Speldorfer Verantwortlichen. „Wir haben uns dort genau informiert“, so Schirmer. Und so steht auch in Speldorf schon zumindest das grobe Sanierungskonzept. In Abstimmung mit der Denkmalbehörde sollen die Fassade des Turms sowie die Südfassade zu dessen linken und rechten, der Torbogen und außerdem der die Kirche umlaufende Sandsteinsockel gereinigt werden. Anschließend müssen größere Flächen nachverfugt werden, so berichten Kirchmeister Werner Kamann und Architekt Dieter Neuhaus, Mitglied im Bauausschuss des Presbyteriums. Und auch reichlich marode Steine, die teils Opfer von „Rostsprengung“ wurden, ausgetauscht werden.

Kirchmeister Werner Kamann, Architekt Dieter Neuhaus und Pfarrerin Katrin Schirmer (v.l.) vor der Lutherkirche.
Kirchmeister Werner Kamann, Architekt Dieter Neuhaus und Pfarrerin Katrin Schirmer (v.l.) vor der Lutherkirche. © Oliver Müller

Das könne im Einzelfall eine durchaus aufwendige Geschichte werden: Der Turm besteht nicht nur aus roten Nullachtfünfzehn-Ziegelsteinen oder einfachen Sandsteinen, sondern hat viele dekorative Elemente, die speziell geformt sind. „Das sind alles Spezialanfertigungen, die eins zu eins nachgebaut und gebrannt werden müssen“, so Neuhaus (66).

Bis zum Winter will man fertig sein

Bis zum Winter, so schätzt das Trio, werde man mit den Arbeiten durch sein. Bis dahin gebe es für die Gemeinde durchaus deutliche Einschränkungen, bedauert Pfarrerin Schirmer. „Die Kirche ist nur noch Freitagnachmittag und am Samstag öffentlich zugänglich, an allen anderen Tagen ist sie gesperrt.“ Die Gottesdienste finden zwar wie gehabt sonntags statt, und auch die ein oder andere Trauung werde über die Bühne gehen. „Das äußere Bild der Kirche aber ist für die Erinnerungsfotos leider nicht ganz so schön.“

Auch die angrenzende Parkfläche mit zehn Plätzen steht in den kommenden Monaten nicht zur Verfügung. Die Auswirkungen betreffen auch die Eltern der Mädchen und Jungen, die den angrenzenden Kindergarten besuchen. Das an einigen Tagen ohnehin schon bestehende Parkchaos an der Lutherstraße wachse dadurch weiter, so Schirmer. Der Open Air-Gottesdienst am 11. Juni um 11 Uhr findet diesmal übrigens im Garten des Kindergartens statt, und nicht – wie sonst üblich – auf dem Parkplatz. „Wir nehmen alles in Kauf, wenn hinterher wieder Sicherheit gewährleistet ist“, sagt Kirchmeister Kamann (66).

>> Ähnlich wie Gnadenkirche und Immanuelkirche

Die Lutherkirche in Speldorf wurde ebenso wie die Heißener Gnadenkirche und die Styrumer Immanuelkirche von Kirchbaumeister Ernst Roßkothen entworfen. Der Grundriss der Langhäuser ist daher nahezu baugleich.

Die Speldorfer Kirche wurde 1883 errichtet, der Turm dazu allerdings erst rund ein Dutzend Jahre später. Er erweiterte auch den Chorraum. Ganz ähnlich verlief das mit der Gnadenkirche.

Im Krieg hat die Lutherkirche kaum Schaden genommen, und so gab es bisher noch keine Generalüberholung des Gotteshauses. 1983, zum 100-Jährigen, war allerdings schon mal eine größere Baustelle eingerichtet. Und der Turm hat in der Vergangenheit ein neues Kupferdach erhalten.