Mülheim. . Der Rad-Touren-Club Mülheim (RTC) bietet „Senioren-Touren“ an zwischen lebendiger Industrie-Kultur und verwunschener Natur.

  • „Bewegt älter werden“ haben die Biker vom Rad-Touren-Club Mülheim ihre „Senioren-Tour“ genannt
  • Geboten wird ein herrlicher Streifzug durch die faszinierende Landschaft des Ruhrgebiets
  • Geradelt werden etwas mehr als 50 Kilometer, es gibt kaum Pannen, keiner geht verloren

Aua – aua – aua! Nach vier Stunden und 50 Kilometer Strecke auf dem Drahtesel meldet mein Hintern Bedarf an nach einem neuen Sattel – quatsch: gleich nach neuen Pobacken! Und doch: Die Radtour mit dem RTC entlang der Emscher ist ein Genuss, der die Ruhrgebietsseele aufblühen lässt.

„Bewegt älter werden“ haben die Biker vom Rad-Touren-Club Mülheim (RTC) ihre mittwöchliche „Senioren-Tour“ genannt. Das mag für einen Alltagspedalisten wie mich nach relaxtem Rentnerradeln klingen, meine Hybris aber bezahle ich auf dem Heimweg buchstäblich im Stehen statt auf meinen vier Buchstaben. Kein Wunder: Am Ende zeigt der Tacho 81,47 Kilometer an.

Herrlicher Streifzug durch den Strukturwandel

Was sich aber in meinem Kopf eingeprägt hat, ist ein herrlicher Streifzug durch den Strukturwandel, also durch die faszinierende Landschaft des Ruhrgebiets zwischen lebendiger Industrie-Kultur und verwunschener Natur. Und es geht gut los, als wir um 10 Uhr am Dümptener Sportplatz Wenderfeld starten. Das Wetter ist fürs Strampeln ideal. Das Ziel: die Rungenberghalde und ihre historische Arbeitersiedlung Schüngelberg in Gelsenkirchen, die vor etlichen Jahrzehnten im Umfeld der Zeche Hugo entstanden.

Mit auf den Weg machen sich rund 26 Männer und auch zwei Frauen. Zum ersten Etappenziel Emscher und die Altenessener Schurenbachhalde hat man bei gemütlichen 18 Km/h noch locker Atem fürs Schnacken. „Ich bin gern mit dem Rad in der Natur unterwegs“, verrät Friedrich, der im Berufsleben sogar mit dem Fahrrad bis nach Gladbeck gependelt ist, ansonsten auch professionell klettert.

Die Möglichkeit viel zu sehen

Für andere bietet das Rad die Möglichkeit viel zu sehen. „Man lernt seine Heimat ganz anders kennen als mit dem Auto“, meint ein Teilnehmer. Radscout Erwin Scholl hat ein phänomenales Gedächtnis, wenn er ganz ohne Navi Schleichpfade zwischen Schrebergartenhecken und Industriehinterhöfe nutzt, bis wir zur Schurenbachhalde gelangen. „Ich fahre seit Jahren Radstrecken ab. Und wenn ich mich mal verfranse, hat man ja immer markante Punkte wie den Gasometer, Fördertürme, die Autobahn“, meint Scholl gelassen.

Ein leidenschaftliches Anliegen hat der erfahrene Radler jedoch: „Mehr und mehr Menschen fahren Rad. Mülheim hat zu wenig gute und sichere Radverbindungen. Die Mellinghofer Straße ist teilweise eine Katastrophe und der Radschnellweg muss schneller fertig werden, damit die Leute nicht die Lust verlieren.“ Der Blick von der Halde mit seiner Skulptur „Bramme für das Ruhrgebiet“ von Richard Serra öffnet das Ruhri-Herz. Dank des guten Wetters sieht man den Oberhausener Gasometer, die Essener Zeche Zollverein, die Bottroper Skihalle und sogar das Ziel Rungenberghalde wirkt einen Steinwurf entfernt. Nach diesem Ausblick geht’s zur Stärkung in den nahen Biergarten am Gelsenkirchener Nordsternpark, anschließend noch ein kurzer Besuch des Schalker Friedhofs. „Ob hier die Pokalträume begraben liegen?“, frotzelt BVB-Fan Scholl.

Kaum Pannen, keiner ging verloren

Durch die Siedlung Schüngelberg geht’s hoch zur Halde Rungenberg. Die nehmen wir aus Zeitgründen nicht bis zur Spitze mit. Dann geht’s zurück über Gladbeck, Bottrop und Oberhausen. Zeit für ein Resümee? „Etwas mehr als 50 Kilometer, kaum Pannen, keiner ging verloren“, hält Scholl fest. Die gut gelaunten Gesichter der Teilnehmer sagen: Es war eine abwechslungsreiche aber nicht zu anstrengende Tour durch das Herz des Reviers.