Mülheim. . 46 Fälle wurden angezeigt. Die Polizei geht von hoher Dunkelziffer aus.Viele Senioren, die zum Opfer wurden, gehen aus Scham nicht zur Polizei.

  • Trickdiebe und Trickbetrüger haben in diesem Jahr häufig zugeschlagen
  • 165 000 Euro erbeuteten skrupellose Täter zwischen Januar und März in Mülheim und Essen
  • Allein der „Enkeltrick“ wurde im ersten Quartal nur in Mülheim 25 Mal zur Anzeige gebracht

Trickdiebe und Trickbetrüger haben in diesem Jahr häufig zugeschlagen: 165 000 Euro erbeuteten skrupellose Täter zwischen Januar und März 2017 in Essen und Mülheim. 46 Anzeigen sind allein in Mülheim im ersten Quartal bei der Polizei eingegangen. Die Dunkelziffer der Taten und das Ausmaß des erbeuteten Vermögens dürfte nach Ansicht der Polizei weitaus höher sein: Viele Senioren, die zum Opfer wurden, gehen aus Scham nicht zur Polizei.

Täter geben sich vor der Haustür oder am Telefon als Wasserwerker, Telekom-Mitarbeiter, Bekannte der Nachbarn, als Polizisten oder als Verwandte aus, erschleichen sich das Vertrauen argloser Senioren. Am Ende fehlen dann häufig das Geld, der Schmuck – und die Lebensfreude der Betrogenen. Unter den 46 der Polizei angezeigten Taten in Mülheim sind 33 Fälle, bei denen es nur beim Versuch blieb.

Die Opfer schämen sich und schweigen lieber

Diese Nachricht ist nicht ohne Einschränkung positiv zu werten: „Die Versuche werden von den Opfern eher angezeigt, das ist unsere praktische Erfahrung“, sagt Polizeisprecherin Sandra Steinbrock. Die Opfer – die Tricktäter suchen sich gezielt ältere Leute aus – schämen sich vor der Familie, vor der Polizei, vor den Nachbarn – und schweigen lieber. Das macht den Tätern ihren Job umso leichter. Einen Schaden von 510 000 Euro richteten die Betrüger im vergangenen Jahr in beiden Städten an: Rechnet man die 165 000 Euro für 2017 hoch, liegt man schon weit darüber.

137 Taten, darunter 86 Versuche, wurden im Jahr 2016 Trickdieben und -betrügern in Mülheim zugerechnet. Auch hier ist zu befürchten, dass die Zahl am Ende von 2017 weitaus höher liegen wird.

Hinter den Taten stecken zumeist organisierte Banden

Hinter den Taten stecken zumeist organisierte Banden, so die Polizei, die gut geschulte Männer und Frauen jeden Alters auf ihre Opfer ansetzen. Dabei sind die Täter mit der Masche, der Legende, die sie auftischen, um ihre Opfer zu täuschen, sehr flexibel und lassen sich auch immer etwas Neues einfallen. Falsche Polizisten haben im ersten Quartal 2017 vor allem in Essen zugeschlagen: 69 Fälle wurden angezeigt, zehn Mal waren die Täter erfolgreich.

In Mülheim wurden vier „falsche Polizisten“ angezeigt (alles Versuche). Der „Enkeltrick“ hingegen, bei dem ein Anrufer am Telefon Verwandtschaft und eine Notlage vorgaukelt, wurde im ersten Quartal in Mülheim 25 Mal zur Anzeige gebracht, einmal konnten die Täter auch Beute machen.

Polizei spricht von einer hohen Dunkelziffer

Beim „Wasserwerkertrick“ waren die Täter sieben Mal in zehn angezeigten Fällen in Mülheim erfolgreich. Beim so genannten Zetteltrick konnten Täter in zwei Fällen Geld erbeuten. Diese Zahlen kann die Polizei durch Anzeigen belegen, die Zahl verschwiegener Taten schätzt sie weitaus höher ein.

Doch es bleibt nicht viel zu tun für die Polizei, als vorbeugend immer wieder zu warnen, aufzuklären, zu Misstrauen aufzurufen: „Lassen Sie die Tür geschlossen, nutzen Sie Freisprechanlagen, lassen Sie sich Ausweise zeigen, holen Sie Ihren Nachbarn zur Unterstützung“, zählt Sandra Steinbrock auf. „Wenn Sie den geringsten Verdacht haben, dass da was nicht stimmt, und Sie wissen sich nicht zu helfen: Rufen Sie die 110“, betont die Polizeisprecherin.

Täter nutzen Hilfsbereitschaft von Senioren aus

Tricktäter an der Haustür nutzen die Hilfsbereitschaft ihrer älteren Opfer übel aus. Täter haben nur ein Ziel: in die Wohnung gelassen zu werden. Wenn sie sich nicht als Wasserwerker, Telefonmitarbeiter oder Handwerker ausgeben, brauchen sie vielleicht einen Zettel, um etwas aufzuschreiben, bitten um ein Glas Wasser oder müssen angeblich dringend zur Toilette. Weitere Täter folgen dann und durchsuchen die Wohnung, während der Komplize das Opfer ablenkt. Etwa durch angebliche Kontrollen/Messungen oder Gespräche.

Täter wissen, wo sie nach Ersparnissen/Schmuck suchen müssen. Waren sie erfolgreich, verlassen sie die Wohnung fluchtartig. „Falscher Polizist“ ist ein besonders übler Trick: Es wird Druck ausgeübt, Senioren werden in Angst versetzt. Etwa durch die Behauptung, dass Einbrecher den Namen des Opfers schon auf ihrer Liste haben.