Mülheim. . Das neue Theaterstück von Geflüchteten basiert auf Fragmenten einer Novellensammlungzur Auswanderung. Die Premiere ist im Juni geplant.

Das Theater auf Improvisationsbasis mit Geflüchteten funktionierte bislang mit nur wenig Worten, dafür aber mit viel Ausdruckskraft. Für ihre fünfte Produktion suchen die „Ruhrorter“ die Herausforderung in einer Erzählwelt, indem sie sich den großen deutschen Dichter Johann Wolfgang von Goethe vorgenommen haben. Ausgehend von dessen Novellensammlung „Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten“ spielt das neue Stück mit dem Arbeitstitel „Ich hielt in meinen Armen das Unmögliche“ auf der Folie von Gedichten, Liedern und Motiven von Goethe.

Die meisten Darsteller sind Anfang 20

„Dabei arbeiten wir mit Fragmenten aus dem Goethe-Kosmos“, erläutert Alexander Weinstock, Literaturwissenschaftler von der Uni Köln, der sich um Text und Dramaturgie kümmert. Fünf Darsteller aus der bewährten Gruppe sind dabei, dazu zehn neue, die meisten sind Anfang 20. „Es ist eine gute Arbeitsatmosphäre. Die Leute haben große Lust, sich mit den Texten zu beschäftigen.“ Beim Bühnenbild setzt Julia Rautenhaus auf Erinnerungen. „Es ist ein Spiel mit dem Verhülltsein, um beim Enthüllen den Raum wieder neu zu entdecken.“ Geplante Premiere: Juni.

In ihren Theaterstücken mit Geflüchteten spielen die Menschen, um die es geht, die Rolle ihres Lebens. Das Theater- und Kunstprojekt „Ruhrorter“ begegnet nun schon im fünften Jahr den Themen Flucht, Asyl und Abschiebung mit künstlerischen, ästhetischen und wissenschaftlichen Mitteln fernab von Stigmatisierung. Das kreative Forschungslabor erfährt über Mülheim hinaus Aufmerksamkeit. So erschien ein Kapitel darüber in einem Sammelband im Verlag „Theater der Zeit“.

Wissenschaftliche Begleitung des Projektes

In Medien und auf Kongressen im In- und Ausland trägt vor allem der Mülheimer Dr. Jonas Tinius (Humboldt Uni Berlin) die Idee mit Vorträgen hinaus. Er hat das Projekt von Anfang an wissenschaftlich begleitet. Die Macher sind vielgleisig unterwegs, setzen vor allem auf den Dialog. „Wir wollen verschiedene Orte und Formate ausprobieren, um zu gucken, wie wir mit den Menschen darüber ins Gespräch kommen können“, sagt Adem Köstereli, Projektleiter und Regisseur.

Salonreihe mit Vorträgen

Neu ist eine Salonreihe mit Vorträgen. Quirlig sind die Ruhrorter bislang mit ihrem Theater fernab des Dokumentarischen in der Stadt unterwegs gewesen: haben in einer ehemaligen Asylunterkunft an der Ruhrorter Straße ebenso gespielt wie im Ex-Frauenknast und in einem leeren Kaufhaus an der Schloßstraße. Und dies erfolgreich samt Zusatzvorstellungen. Um die Stadtlandschaft auszuloten, wird für die neue Produktion gerade über einen Spielort verhandelt.

„Ruhrorter entwickelt sich in verschiedene Richtungen weiter“, sagt Köstereli. Zum festen Team gesellen sich immer mal wieder neue Leute oder solche, die vorher schon mitgearbeitet haben und sich jetzt stärker engagieren. „Diese Mischung bringt neue Impulse“, ist Köstereli überzeugt. Eines gemeinsam haben alle: Das Stammteam ist aus dem Jungen Theater an der Ruhr entstanden, wo das Projekt auch angesiedelt ist.

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Den Auftakt zur neuen Salonreihe machen der Mülheimer Dr. Jonas Tinius (Humboldt Uni, Berlin) und Alexander Weinstock (Uni Köln) am Samstag, 15. April, 19.30 Uhr, in der Dezentrale an der Leinweberstraße 15 - 17.

Unter dem Titel „Die Figur des Geflüchteten: Überlegungen zur politischen Rolle von Flucht und Fiktion“ stellen die Referenten das Konzept von „Ruhrorter“ vor. Die Einladung richtet sich an ein breites Publikum. Eintritt frei.