Mülheim. Die SPD-Arbeitsgemeinschaft 60 Plus und das Mülheimer Sozialamt luden zur Diskussion über den demografischen Wandel und seine Herausforderungen.

  • Auch NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens nahm an der Veranstaltung teil
  • Appelll: dauerhafte Finanzierung sichern, damit Pflegebedürftige künftig nicht in Zehn-Bett-Zimmern landen
  • Mit Blick auf den Altenbericht der Bundesregierung ist Mülheim schon gut aufgestellt

„Älter werden ist nichts für Feiglinge!“ An diese Erkenntnis des Filmemachers und Komödianten Billy Wilder mussten wohl einige der rund 60 Gäste denken, die jetzt auf Einladung der SPD-Arbeitsgemeinschaft 60 Plus und des Sozialamtes über die Herausforderung des demografischen Wandels im Allgemeinen und über den Altenbericht der Bundesregierung im Besonderen diskutierten. Der Teufel steckt auch hier im Detail, wie etwa Johannes Gliems Kritik an der nachlassenden Nahversorgungsdichte in den Stadtteilen zeigte.

„Wir haben es auch als Kunden in der Hand, ob wir im Internet bestellen oder nur zu den großen Discountern gehen oder ob wir bei den Einzelhändlern vor Ort einkaufen“, machte NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens deutlich.

Mit Blick auf den Altenbericht der Bundesregierung sieht der kommunale Sozialplaner Jörg Marx Mülheim auf einem guten Weg. Denn die hier unter Federführung des Sozialamtes etablierten Netzwerke der Generationen, die Bürgerlotsen, die Dialog-Offensive Pflege, die Pflegestützpunkte, die Seniorenberatung und eine quartierbezogene Stadtforschung hätten bereits realisiert, was der Altenbericht der Bundesregierung jetzt einfordere. „Mülheim scheint mir gut aufgestellt zu sein. Dennoch bin ich skeptisch, wenn ich angesichts der zahlreichen prekären und befristeten Arbeitsverhältnisse an die den Babyboomern drohende Altersarmut denke, die die Kommunen überfordern könnte“, unterstrich die Bundesvorsitzende der AG 60 Plus, Angelika Graf.

In diesem Zusammenhang plädierte der Bochumer Soziologe Rudolf G. Heinze, Mit-Autor des Altenberichtes der Bundesregierung dafür, dass mit der Föderalismusreform 2006 eingeführte finanzielle Kooperationsverbot zwischen den Städten und dem Bund.

Landesministerin Steffens widersprach Heinzes Vorwurf, „dass die Länder klebrige Finger haben, wenn es um Fördermittels des Bundes für die Kommunen geht.“ Am Beispiel zahlreicher NRW-Projekte im Bereich der sozialen und demografischen Quartierentwicklung, betonte sie: „Hier zahlt das Land alles und der Bund nichts.“

Trotz punktueller Leuchtturmprojekte waren sich Sozialplaner Marx und Ministerin Steffens darin einig, dass man beim Aufbau tragfähiger Quartierstrukturen „von der Projektitis zu dauerhaften Finanzierungsstrukturen kommen müsse, wenn man nicht riskieren wolle, das künftig arme, alte und pflegebedürftige Menschen in Zehn-Bett-Zimmer landen. Angesichts der Tatsache, „dass heute nur fünf Prozent der Senioren pflegebedürftig sind“, warnte der Sozialausschussvorsitzende Sascha Jurczyk davor, das Alter nur mit Krankheit, Kosten und Pflege zu verbinden.