Styrum. . Mit 133 Gärten ist die Anlage in Styrum die größte und multi-kulturellste in der Stadt. Mancher pflanzt und buddelt dort schon seit Jahrzehnten.

  • In der Kleingartenanlage in Styrum pflegt man die kulturelle Vielfalt wie das Gemeinsame seit Jahrzehnten
  • Die Kleingärtner kommen hier ohne Zäune aus: „Wir lehnen Jägerzaun und Co strikt ab.“
  • Finanziell lohnt sich ein Anbau nicht, aber man ist schon stolz, wenn man später erntet

Wenn Paolo zur Krönung des 1. Mai eine Runde Ramazotti für alle spendiert – weil’s eben so gemütlich ist – dann sitzt man vermutlich gerade um den „Maibrunnen“ im Herzen der Anlage des Kleingärtner-Vereins Styrum. Sie ist mit 133 Gärten nicht nur die größte in Mülheim sondern wohl auch die multi-kulturellste: Hecke an Hecke gärtnern und leben hier „Sizilianer, Türken, Russen, Polen ...“, zählt der Vorsitzende Gerd Spremberg auf. Ein typischer Querschnitt der Styrumer „Biodiversität“ eben.

Ein Viertel der Hobbygärtner links und rechts der Friesenstraße sind Migranten, „Ausländer“ sagt mancher der „Alteingesessenen“, meint es jedoch nicht abschätzig. Denn hier pflegt man die kulturelle Vielfalt wie das Gemeinsame bereits seit Jahrzehnten. Dazu gehört ganz selbstverständlich, dass man ohne Zäune auskommt - „wir lehnen Jägerzaun und Co strikt ab“, meint der Vorsitzende. Lediglich Hecken sind erlaubt. An eine Parklandschaft soll der schöne Streifen Grün am Stadion zwischen S- und Autobahn erinnern.

Ein wichtiger Rückzugsort

Dietmar von Zaluskowski etwa gehört zum „guten alten polnischen Landadel“, wie er selbst von sich mit Augenzwinkern sagt, und hegt seinen 480 qm großen Garten. Übernommen hat er das Fleckchen Land vor gut 40 Jahren vom Schwiegervater. „Für mich hat der Garten einen enormen Freizeitwert, nach der Arbeit war er ein wichtiger Rückzugsort.“

Im Kleingartenverein Styrum gibt es auch mehrere Bienenvölker.
Im Kleingartenverein Styrum gibt es auch mehrere Bienenvölker. © Herbert Höltgen

Heute dient er wie viele andere auch der Erholung und der Selbstversorgung: Ein dicker Rosmarin-Busch ziert den Weg zum Häuschen, italienischer Wein rankt an einem Holzgitter der Sonne entgegen, und etwas weiter recken sich hüfthohe Hochbeete empor mit Kohlrabi, Salat, Erdbeeren, „nichts Exotisches, aber praktisch, weil man sich beim Säen und Ernten nicht so bücken muss“, meint der ehemalige Leiter einer Massageschule. Mit den Zucchini wartet der „Landadelige“ noch bis nach den Eisheiligen, „von den Kosten her lohnt sich der eigene Anbau eigentlich nicht – aber man ist schon stolz, wenn man ihn später erntet“.

Einer weiß immer, wie etwas geht

Bevor man aber die Früchte einfährt, steht jetzt im Frühling erst einmal die Arbeit an: Die eine jätet Unkraut, der andere mäht den Rasen. Das durch die Friesenstraße in zwei Bereiche geteilte Gelände hält durchaus auf Trab. Am Samstagmorgen kam spontan ein LKW mit Sträuchern, die schon am Mittag rings um den Anlagenzaun gepflanzt sind. „Ich habe schnell ein paar Mitglieder angerufen, Wurst und Bier besorgt – das zeigt, dass das Miteinander gut funktioniert“, lobt Gerd Spremberg, der vor 20 Jahren Kleingärtner wurde und seit vier Jahren im Vorstand arbeitet. Und wenn mal ein Wasserrohr zu flicken ist? „Einer weiß immer, wie etwas geht“, meint Spremberg gelassen.

Durchschnittsalter sinkt

Für eine Willkommenskultur für Familien mit Kindern, die in manchen Anlagen als Ruhestörer weniger gern gesehen werden, will der Vorsitzende wieder verstärkt sorgen: „Das Durchschnittsalter hat sich in den letzten Jahren verjüngt. Wir halten Kindergeschrei für Zukunftsmusik und wollen gerade wieder Kinder in die Gärten holen und ihnen die Natur vermitteln“, sagt er. So wird der Spielplatz gerade generalüberholt, aber auch bewusst Ostern und Nikolaus mit Kindern gefeiert.

Im Kleingartenverein Styrum an der Friesenstraße erwacht das Leben: Michaela, Chris und Patrick Dreker bei der Arbeit.
Im Kleingartenverein Styrum an der Friesenstraße erwacht das Leben: Michaela, Chris und Patrick Dreker bei der Arbeit. © Herbert Höltgen

Entdecken können Nachwuchsgärtner aber schon jetzt einiges mehr: Es gibt drei Hobbyimker in der Anlage mit etlichen Bienenkolonien. Zudem besitzt der Verein einen Brotofen: „Wir backen regelmäßig Brot zusammen mit dem Mülheimer Hobby- und Freizeitclub zur Integration behinderter Menschen.“ Zur Winterzeit wirft Spremberg seinen Räucherofen an, „dann räuchern wir Forellen“. Ein Teil wird verkauft auf dem Weihnachtsmarkt der Pfarrei St. Mariä Rosenkranz, der andere Teil geht natürlich an gute Gartenfreunde.