Mülheim. . Kaum ein Eigentümer von Immobilien in Mülheims Innenstadt ruft Fördermittel aus dem Hof- und Fassadenprogramm ab. Das Baudezernat will reagieren.

  • Für das Hof- und Fassadenprogramm für die Mülheimer Innenstadt lassen sich kaum Immobilieneigentümer begeistern
  • Aktuell gibt es nur fünf Förderbescheide, lediglich 16 weitere Projekte sind in der Vorbereitung
  • Das Baudezernat will reagieren und die City qua Baugesetzbuch zum Sanierungsgebiet deklarieren

Stell dir vor: Es gibt Fördermittel – und kaum jemand will sie haben. . . Diese Zwischenbilanz muss nun das städtische Baudezernat ziehen: Für die Teilnahme am Hof- und Fassadenprogramm für das weit gefasste Innenstadt-Areal lassen sich kaum Immobilieneigentümer begeistern. Jetzt will die Stadtverwaltung neue Wege einschlagen, um bei der Sanierung der Innenstadt doch zügiger voranzukommen.

Im Dezember 2015 hatte der Stadtrat das Hof- und Fassadenprogramm verabschiedet. 600 000 Euro stehen für die Jahre 2016 bis 2018 zur Verfügung. Bis zu 50 000 Euro Förderung kann es bei einer Förderquote von bis zu 50 Prozent für ein Einzelprojekt geben. 800 Eigentümer sind angeschrieben und informiert worden. Bis gestern gab es aber nur fünf Förderbescheide, weitere 16 Projekte sind in der Vorbereitung.

Rentabilität einer Investition nicht sicher

„Es läuft schleppend im Vergleich zu Innenstadt-Projekten an anderen Orten“, stellt Jens Cüppers fest, der als Externer mit dem Management des Mülheimer Programms betraut ist. In Lüdenscheid oder Lünen habe es auch einer Anlaufzeit bedurft, doch habe es dort nach nun über einem Jahr Projektlaufzeit deutlich mehr Förderanträge und Vorhaben gegeben. Die Erneuerungsquote im Innenstadtbereich sei weiter unterdurchschnittlich, beklagt Planungsamtsleiter Jürgen Liebich. In seinem Dezernat wird auch ein Trittbrettfahrer-Problem vermutet: „Eigentümer wollen von Aufwertungseffekten benachbarter Investitionen profitieren, ohne eigenes Geld in die Hand nehmen zu müssen.“

Letztlich, so Cüppers, sei es immer eine Frage der Wirtschaftlichkeit. Trotz ansehnlicher Förderung scheint den Eigentümer hier die Rentabilität einer Investition nicht sicher. Bekannt ist: Nirgends in Mülheim leben mehr von Armut bedrohte Menschen als in der Innenstadt. Viele Vermieter erachten laut Cüppers eine Mieterhöhung als notwendig, damit sich eine Investition rechnet. Nur: Wenn der Mieter Hartz IV bezieht, sind da die Grenzen schon qua Mietlimit der Sozialagentur eng gesetzt. Eine Mieterhöhung bedeute dann eine Verdrängung der bestehenden Mieter, so Cüppers. Eigentümer seien da skeptisch. Lassen sich überhaupt besser betuchte Mieter in ein Haus locken, an dem einzig eine Fassade saniert worden ist?

Zum Sanierungsgebiet deklarieren

Das Baudezernat von Peter Vermeulen will reagieren. Veränderte Wohnungszuschnitte, neue Balkone, Barrierefreiheit, energetische Sanierung – das alles (und einiges mehr) dürfte notwendig sein, um den Sanierungsstau aufzulösen. Das aber kann das Hof- und Fassadenprogramm nicht leisten.

So schwebt dem Baudezernat vor, das Innenstadtgebiet (erweitert um die Eppinghofer Straße) gemäß Baugesetzbuch zum Sanierungsgebiet zu deklarieren. Das schaffe neue Fördermöglichkeiten, so Planungsamtschef Jürgen Liebich. Eigentümer könnten höhere Abschreibungsmöglichkeiten nutzen. Ingesamt biete das baurechtliche Instrument erweiterte Handlungsmöglichkeiten für die Stadt, etwa über Vorkaufsrechte, das Recht, bestimmte Entwicklungen zu unterbinden, über Auskunftspflichten für Eigentümer oder die Genehmigungspflicht für Grundstücksverkäufe.

Personalmangel setzt Grenzen

Das alles aber zu managen, so Liebich, könne aufgrund des Personalmangels nicht noch zusätzlich bei seinem Amt verortet werden. Geeignet erscheine die Gründung einer von der SPD bereits ins Spiel gebrachten Stadtentwicklungsgesellschaft. Sie könne als Sanierungstreuhänder fungieren. Das heiße politische Eisen reicht die Verwaltung nun am kommenden Dienstag in den Planungsausschuss – mit dem Ziel, einen Prüfauftrag für eine Sanierungsmaßnahme gemäß Baugesetzbuch erteilt zu bekommen.