Mülheim. . Die Gruppe AnDer präsentiert eine Ausstellung in der Partnerstadt Kfar Saba. Harmonie mit den Gastgebern und Ärger beim Zoll.
- Als kulturelle Botschafter besuchten vier Künstler der Gruppe AnDer Mülheims Partnerstadt Kfar Saba
- Der Kulturdezernent von Kfar Saba und viele kunstaffine Gäste erwiesen den Besuchern die Ehre
- Mit Ausflügen und Kulturprogramm hatten sich die gastgebenden Künstler um ihre Kollegen gekümmert
Als kulturelle Botschafter waren Uwe Dieter Bleil, Helmut Koch, Joachim Poths und Heiner Schmitz in Mülheims Partnerstadt Kfar Saba. Die Vier waren stellvertretend für die Künstlergruppe „AnDer“ nach Isreal gereist, um in der rund 100 000 Einwohner zählenden Stadt ihre Ausstellung zu eröffnen. Es war ein Gegenbesuch in Eigeninitiative der kreativen Art. Denn im Herbst 2015 hatten neun Kollegen aus Kfar Saba ihre künstlerische Sicht auf die Dinge in Mülheim in der Galerie von Gerold Hamé gezeigt.
Aus Israel wieder zurück in Mülheim, berichten die vier Künstler von einem lebhaften Austausch in harmonischer Atmosphäre und mit gedanklichem Tiefgang. „Die Grundstimmung war extrem gut wie die Gemeinschaft, die sich mit den Gastgebern entwickelt hat.“ Mit von der Partie war auch Karin Stempel: die ehemalige Leiterin des Mülheimer Kunstmuseums hat die Ausstellung in Kfar Saba „toll kuratiert“, sagt Helmut Koch.
Vier Tage mit nachhaltigen Eindrücken
Die vier Tage sollten für sie eine Reise mit nachhaltigen Eindrücken werden. Bei einem lauen Lüftchen und rund 25 Grad, „da reichte es zwar noch nicht zum Baden, obwohl wir einen Nachmittag am Strand waren“, spielt Schmitz auf einen gut gefüllten Terminplan an. Mit Ausflügen und Kulturprogramm hatten sich die gastgebenden Künstler rührend rund um die Uhr um ihre Kollegen aus Deutschland gekümmert. Als ständige Begleiter erwiesen sich die gefüllten Blätterteigecken, die es überall und zu jedem Anlass gab.
In Atem gehalten hat die Mülheimer auch die „Kiste mit den Kunstwerken bis zum Schluss“, sagt Uwe-Dieter-Bleil und meint damit komplexe Einfuhrbestimmungen und Zollkontrollen. Glücklicherweise konnte die Differenz von vier der 49 angegebenen Werke aufgeklärt werden, da es sich um eine mehrteilige Arbeit handelte.
Volkslied angestimmt
Richtig gut besucht gewesen, so die Künstler, sei die Ausstellungseröffnung in dem neuen Kunsthaus von Kfar Saba über zwei riesige Räume. Da die Sparte mit Musik und Gesang dort tonangebend ist, hatte ein Ehepaar gleich ein Volkslied angestimmt „und alle haben mitgesungen“. Der Kulturdezernent von Kfar Saba und auch viele kunstaffine Gäste erwiesen den Besuchern aus der Partnerstadt die Ehre. Bemerkenswert fanden die Mülheimer das Interesse und die Auseinandersetzung mit ihrer Kunst. Wobei vielfach gefragt worden sei, was denn eigentlich deutsch an der Ausstellung ist. Der deutlichste Verweis war dann wohl auch das Bild von Vanessa Hötger mit Schäferhund und Karnevalshütchen.
Etwas überrascht waren die Mülheimer davon, dass die Kunstszene dort „eher unpolitisch ist“. Bei einem Besuch in der Kunstakademie „war mehr von Kunst, den vielen Möglichkeiten und Freiheit die Rede, aber nicht von Palästina und der Mauer“.
Sicherheit stand an erster Stelle
Grenzen der anderen Art mussten die Künstler gleich zu Anfang überwinden: Um die Ausstellung aufzubauen, funktionierte der Code am Eingang des Kunsthauses nicht, so „musste der Sicherheitsdienst das Schloss aufschrauben“. Überhaupt wird die Sicherheit in Kfar Saba nahe der Mauer zum Westjordanland groß geschrieben: Kontrolliert wurden die Künstler öfter von Sicherheitsdiensten, wie in einer Tiefgarage „als wir den Kofferraum öffnen mussten“.
Mit offenen Armen wurden die Mülheimer empfangen. „Die Gastfreundschaft“, sind sich alle einig, „ist dort ungeheuer groß“. Obwohl noch immer dunkle Schatten der Vergangenheit auf der Beziehung zwischen den Ländern liegen. Helmut Koch war bei einer Frau untergebracht, „die 1938 geflohen und deren ganze Familie umgekommen ist“. Obwohl „sie so unter Deutschland gelitten hat, war soviel Herzlichkeit zu spüren“. In Harmonie hat auch Joachim Poths mit seinen Gastgebern gelebt. „Wobei immer noch eine Ebene von früher ganz tief unten mitschwingt, da haben wir jetzt eine neue, eine künstlerische Ebene aufgemacht.“ Und jeden Morgen gab ihm die Gastgeberin einen Apfel mit.
Fit war Poths fürs Programm: Beim Besuch eines Sinfoniekonzertes und eines Museums in der nahe gelegenen Hauptstadt Tel Aviv haben sie festgestellt, „das die Kultur schon eine große Rolle spielt“. Mit vielen Bildern und Erinnerungen im Kopf sind die Künstler zurückgekehrt. Nach Ausstellungsende am 28. März kommen ihre Werke hinterher – und die Kiste muss wieder durch den Zoll . . .