Mülheim. Vorschüsse gibt es angesichts der Insolvenz nicht mehr. Gewerkschaft wird keinen Nottarifvertrag anbieten, sondern fordert Nachbesserungen.
- Die 220 Awo-Beschäftigten bekommen Insolvenzgeld, zunächst bis einschließlich März
- Sozialdezernent ist der Ansicht, dass die Stadt für Awo-Leistungen in ausreichender Höhe zahlt
- Laut Verdi erhalten Awo-Mitarbeiter in Mülheim zehn Prozent weniger als Kollegen in Nachbarstädten
Zweieinhalb Monate sind verstrichen, seit die Awo Mülheim in die Insolvenz ging. Diese soll in Eigenregie erfolgen: Dem Chef des Kreisverbandes, Lothar Fink, wurde daher Volker Schreck als Sanierungsgeschäftsführer an die Seite gestellt. Löhne und Gehälter der 220 Beschäftigten sind durch Insolvenzgeld der Bundesagentur für Arbeit abgesichert, zunächst für drei Monate, also bis einschließlich März. Die Frage, wie es danach weitergeht, drängt sich auf.
Ende Februar gab es erneut eine Mitarbeiterversammlung, berichtet Björn Jadzinski, zuständiger Verdi-Sekretär für die Bereiche soziale Dienste und Wohlfahrt. „Seitens des Betriebsrates ist die Stimmung nach wie vor positiv“, sagt der Gewerkschafter. „Alle gehen davon aus, dass wir die Awo retten können.“ Mit Blick auf die Gehälter merkt Jadzinski an, das Insolvenzverfahren könne problemlos verlängert werden. „Ich denke, spätestens das nächste Weihnachtsgeld wird die Awo wieder in Eigenregie zahlen.“
Stadt darf Schieflage nicht finanzieren
Existenziell wichtig für die Awo sind ihre Verträge mit der Stadt Mülheim, für die sie eine Reihe sozialer und gesellschaftlicher Leistungen erbringt. Diese laufen bislang unverändert weiter. Insgesamt sind für dieses Jahr 2 182 000 Euro an Zahlungen oder Zuschüssen veranschlagt.
Vor dem Hintergrund der Insolvenz mussten jedoch besondere Vereinbarungen getroffen werden, erklärt Sozialdezernent Ulrich Ernst. Gezahlt wird neuerdings jeweils monatlich, und zwar immer erst, nachdem die Leistung erbracht wurde. Vorschüsse gibt es nicht. „Die Schieflage der Awo darf nicht durch die Stadt finanziert werden“, so der Sozialdezernent. Im Rahmen der laufenden Sanierungsbemühungen würden nun alle Leistungen und alle Entgelte geprüft. Ob die Stadt in einzelnen Bereichen nachlegen muss, damit die Awo weiterarbeiten kann, ist für Ernst fraglich: „Ich gehe nach wie vor davon aus, dass unsere Leistungen auskömmlich finanziert sind.“
Verdi: Nachbessern bei Zuschlägen
Aus gewerkschaftlicher Sicht fügt Björn Jadzinski hinzu, dass man keinen Nottarifvertrag anbieten könne, um Personalkosten zu senken. Denn: „ Die Awo Mülheim zahlt jetzt schon fast zehn Prozent weniger als die Kreisverbände Essen und Oberhausen.“ Der Tarifvertrag, der in Mülheim angewendet wird, entspreche nicht mehr den heutigen Arbeitsbedingungen. Nachbessern müsse man etwa bei Zuschlägen für Nacht-, Sonntagsarbeit oder Rufbereitschaft. Aber Tarifverhandlungen würden erst geführt, wenn der Sanierungsplan steht, so der Verdi-Sekretär.
Eine Stellungnahme der Awo-Geschäftsführung zum aktuellen Sachstand war bislang trotz vielfacher Nachfrage nicht zu erhalten.