Mülheim. . Die angestrebte Umorganisation erfordert eine Investition von 2,7 Millionen Euro, reduziert aber die laufenden Kosten um 9,3 Millionen Euro.
- Selbst Einkaufen und Kochen ist ein wichtiger Baustein für die Integration. Es ist auch kostengünstig
- In den beiden größten Einrichtungen wurden die Menschen von den Hilfsorganisationen versorgt
- Da die Kapazität nicht ausgeschöpft wird, gibt es Platz für mehr Privatsphäre
Die Verwaltung schlägt der Politik eine Umstrukturierung der beiden größten Flüchtlingsdörfer an der Mintarder Straße und der Holzstraße vor. Bislang wurden die Flüchtlinge dort von den Hilfsorganisationen DRK und Johannitern komplett versorgt. Ab nächstes Jahr sollen sich die Bewohner dort selbst versorgen, so wie es bereits in den anderen Einrichtungen üblich ist.
Das hat drei Vorteile: Die Integration der Menschen wird durch die größere Selbstständigkeit gefördert, die Stadt spart erheblich und es ist auch im Interesse der Bewohner, da sie über mehr Privatsphäre, finanzielle Spielräume und Autonomie verfügen. Die Umorganisation ist allerdings nur mit großen Investitionen möglich, die aber schon im ersten Jahr von den Einsparungen deutlich übertroffen werden, und sie betrifft rund 100 Beschäftigte der beiden Organisationen.
Überraschend kommt die Neuausrichtung allerdings nicht. Ist es doch die generelle Leitlinie der Unterbringung, den Menschen so viel Selbstständigkeit wie möglich zu gewähren. „Mitte 2015 stand aber im Vordergrund, so viele Menschen wie möglich und angemessen unterzubringen“, betonte gestern Sozialdezernent Ulrich Ernst.
Verträge mit DRK und Johannitern laufen aus
Wohneinheiten mit Küche und Bad hätten in der Kürze nicht realisiert werden können und die nötigen Komponenten wären auf dem Markt zudem auch nicht verfügbar gewesen. Mit den Organisationen habe man Zweijahresverträge geschlossen, die Ende Dezember ausliefen. „Darauf haben wir auch unsere Mitarbeiter, mit denen wir befristete Verträge abgeschlossen haben, aufmerksam gemacht“, so Frank Langer vom DRK.
Ein wichtiger Punkt bei der Umorganisation ist auch die schwache Auslastung der beiden Einrichtungen. In Saarn, ausgelegt für 540 Menschen, leben derzeit 187, die Kapazität soll auf 270 halbiert werden; in Broich, ausgelegt für 415, leben derzeit 160, künftig soll Platz für 230 sein. Derzeit leben in den städtischen Unterkünften insgesamt 1907 Personen und damit 600 weniger als im Februar 2016. Insgesamt befinden sich in der Stadt allerdings 4000 Flüchtlinge. Zugewiesen wurden Flüchtlinge im vergangenen Jahr lediglich im Frühjahr und im Herbst. In diesem Jahr kam noch kein einziger Flüchtling, wie Klaus Konietzka erläutert. Demnächst sei aber mit einer größeren Anzahl zu rechnen.
Bislang sind in den beiden Einrichtungen, die für die Menschen die erste Station in der Stadt darstellen, pro Raum vier Personen in Stockbetten vorgesehen. Zukünftig sollen zwei Personen in einem Raum leben, die sich mit den beiden Nachbarn einen Aufenthaltsraum, der zwischen den beiden Schlafräumen liegt, teilen. Die Leichtbauhallen werden mit 14 Küchen (17 Quadratmeter groß) ausgestattet, die jeweils von zwei Parteien belegt werden, abschließbar sind und neben Kühlschrank und Herd auch über Tisch und Stühle verfügen. Die Umbauten und die Einrichtung der 73 Küchen sind vom Immobilienservice mit 2,7 Millionen Euro kalkuliert.
Jährlich sollen 9,3 Millionen Euro eingespart werden
Dieser einmaligen Investition stehen aber jährliche Einsparungen von 9,3 Millionen Euro, die zu einem Großteil aus Personalkosten bestehen, gegenüber. Wie intensiv die Betreuung zukünftig gestaltet wird und wer sie leistet, ist noch nicht entschieden. Ernst kann sich vorstellen, dass ein etwas höherer Aufwand als an der Gustavstraße nötig ist. Den 24-Stunden-Dienst wie dort wird es jedenfalls geben. Jens Ohligschläger von den Johannitern wäre froh, wenn dort auch weiterhin auf seine Mitarbeiter gesetzt wird, in die viel investiert worden sei, um gemeinsam mit der Stadt eine Einrichtung mit Vorbildcharakter zu entwickeln.