Mülheim. In Mülheim sind Einsatzkräfte im Schnitt schneller am Tatortals ihre Kollegen NRW-weit. Arbeitsbelastung beeinträchtigt das Alltagsgeschäft.

  • In Mülheim fuhr die Polizei im Vorjahr rund 1800 Einsätze mehr als noch im Jahr 2015
  • Wenn es hieß „Täter vor Ort“, waren die Beamten im Schnitt nach vier Minuten und 59 Sekunden am Tatort
  • In weniger dringenden Fällen, etwa Ruhestörungen, haben sich die Reaktionszeiten aber verschlechtert

Die Einsatzzahlen der Polizei Essen/Mülheim sind im vergangenen Jahr massiv angestiegen. 2016 fuhren die Beamten in beiden Städten 5300 Einsätze mehr als in 2015 – allein in Mülheim waren es 1800. „Dabei ging es vor allem um Ruhestörungen, Streitigkeiten und kleinere Verkehrsunfälle“, erklärt Polizeisprecher Lars Lindemann.

Trotz dieses Anstiegs sind die Mülheimer Beamten im Schnitt schneller am Tatort als ihre Kollegen NRW-weit. Dies geht aus einer Auswertung der „Einsatzreaktionszeiten“ für die Polizeipräsidien nach einer Anfrage des Essener FDP-Landtagsabgeordneten Ralf Witzel hervor.

Manchmal können Sekunden zu Minuten werden

Lautete die Lage „Täter vor Ort“, wurde also eine unmittelbare Gefahr für Bürger angenommen, traf die Mülheimer Polizei rund eine Minute früher am Ort des Geschehens ein als noch vor fünf Jahren. Im Schnitt vergingen in diesen dringenden Fällen vier Minuten und 59 Sekunden. Im Jahr zuvor waren es noch fünf Minuten, sieben Sekunden. Der Landesschnitt lag bei fünfeinhalb Minuten und war damit erkennbar schlechter.

Auch bei der durchschnittlichen Reaktionszeit bei Verkehrsunfällen mit und ohne Verletzte können sich die Mülheimer sehen lassen. Hier verbesserten sie sich um über zwei Minuten. In 2015 brauchten sie rund neun Minuten, 2016 waren es sieben Minuten und zehn Sekunden. Der Landesschnitt ist mit neun Minuten und 48 Sekunden deutlich schlechter.

Einen Grund für die durchaus positive Entwicklung kann Polizeisprecher Lars Lindemann zwar nicht nennen. Es könne manchmal Glück gewesen sein oder der Umstand, „dass die Kollegen günstig standen“. Dennoch beurteilt er die Tendenz als gute Nachricht, denn gerade in diesen Fällen brauchten Betroffene schnelle Hilfe, da könnten Sekunden zu Minuten werden. Es habe allerdings keine taktische Neuausrichtung gegeben, betont der Polizeisprecher: „Die Einsätze werden nach Dringlichkeit vergeben und nicht in der Reihenfolge der Anrufe.“ Der Alarm „Täter vor Ort“ habe immer oberste Priorität, etwa wenn ein Anrufer den Schein einer Taschenlampe in einer Wohnung meldet.

Arbeitsbelastung der Beamten nimmt immer weiter zu

Eine Verschlechterung hat sich jedoch bei den „normalen“ Einsätzen ergeben, etwa bei kleineren Unfällen oder Ruhestörungen. Die Mülheimer Beamten brauchten im Schnitt 16 Minuten und 56 Sekunden, um bei einem Einsatz ohne Gefahr im Verzug ihr Ziel zu erreichen. In Essen waren die Polizisten noch deutlich langsamer: Dort erreichten sie das Geschehen erst nach 17 Minuten und 50 Sekunden. Im Landesmittel traf die Polizei aber mehr als eineinhalb Minuten früher ein: nach 16 Minuten und 14 Sekunden.

Ein Grund für diese Negativ-Entwicklung im Alltagsgeschäft scheint die zunehmende Arbeitsbelastung der Beamten zu sein. Immerhin stieg die Zahl der Einsätze in der Zuständigkeit des Polizeipräsidiums Essen binnen eines Jahres um 5300 auf zuletzt 145 300.

Diese Mehrarbeit konnte das Plus von 42 polizeilichen Planstellen im gleichen Zeitraum offenbar nicht auffangen. „Schließlich sind darunter nicht nur Kollegen, die Streife fahren, sondern auch solche, die in den Kommissariaten arbeiten“, erklärt Lindemann.