Innenstadt, Öffentlicher Nahverkehr, Sauberkeit oder Sicherheit: Ulrich Scholten stellte sich den Fragen der WAZ-Leserbeiräte.

  • Der OB nahm sich zwei Stunden Zeit, um den acht Lesern Rede und Antwort zu stehen
  • Die Themen reichten von der Fusion zwischen EVAG und MVG bis zur Vermüllung in Eppinghofen
  • Vor allem die alltäglichen Probleme mit den Bussen und Bahnen des ÖPNV ärgern die Leser

Eineinhalb Stunden, vier Kernthemen und acht Bürger mit unzähligen Fragen für den Oberbürgermeister: Ulrich Scholten stand dem WAZ-Leserbeirat am Donnerstagabend Rede und Antwort. Das Gespräch war die letzte gemeinsame Aktion des vor zwei Jahren einberufenen Beirats. Und mit einem Blick vom OB-Büro auf die Kaufhof-Baustelle war auch gleich die perfekte Überleitung für das erste Thema geschaffen: Wie geht es weiter mit der Innenstadt?

Innenstadtentwicklung

OB Ulrich Scholten nahm sich zwei Stunden Zeit.
OB Ulrich Scholten nahm sich zwei Stunden Zeit. © Oliver Müller

Als ehemaliger Baudezernent von Moers brennt Günter Wusthoff für Themen wie Stadtplanung und Infrastruktur. Daher wollte er wissen: Was hält der OB von Baudezernent Peter Vermeulens Idee, ein Hochhaus an der Konrad-Adenauer-Brücke zu errichten? „Die Kreativität ist da gen grenzenlos geschaltet“, sagte Scholten. Einzige Einschränkung: „Wohnbebauung verbietet sich.“ Anwohner könnten sich zu schnell gestört fühlen vom Lärm der Friedrich-Wilhelms-Hütte. Die Arbeit der FWH dürfe man nicht gefährden, so der OB.

Ein weiteres Anliegen: bleibt der Rathausplatz ein „Zwitter“ aus Veranstaltungs- und Parkplatz? „Wir wollen den Marktplatz wieder mehr etablieren“, antwortete Scholten. Eine optimale Lösung gebe es jedoch nicht. Ein kompletter Verzicht auf Parkplätze würde zu weiteren Engpässen in der City führen. Ideen zur Nutzung müsste man „testen und prüfen“.

„Haben Sie eine politische Vision, um die Innenstadt wieder zu beleben?”, fragte Ulrich Schoeps. Scholten betonte, die Stadt habe nur begrenzte Möglichkeiten, um auf Immobilienbesitzer einzuwirken. „Wir müssen da dicke Bretter bohren.“ Dennoch stehe das Innenstadt-Management im regen Austausch mit den Eigentümern.

Zahlreiche Fragen hatten die Mitglieder des WAZ-Leserbeirats mit ins Rathaus gebracht.
Zahlreiche Fragen hatten die Mitglieder des WAZ-Leserbeirats mit ins Rathaus gebracht. © Oliver Müller

Schoeps Vorschlag, die Gewerbesteuer als Unternehmeranreiz zu halbieren, bezeichnete Scholten als „Instrument, über das man nachdenken könnte“, das aber strittig bei Bezirksregierung und Stadtrat sei. Zudem habe der Kaufhof-Abriss auch ohne derartige Anreize „Bewegung in den Immobilienmarkt gebracht”. Man habe jetzt „bessere Karten“, um Investoren zu locken.

Nahverkehr

Trotz Verzicht auf die Gehaltsboni, die Empörung über die Geschäftsgehälter bei der geplanten Fusion zwischen Evag und MVG hält an. „Es kann nicht sein, dass ein Gremium einer anderen Stadt Entscheidungen für Mülheim trifft“, kritisierte Wusthoff im Hinblick auf die Klärung der Gehaltsfrage im Evag-Aufsichtsrat. „Die Kommunikation ist nicht optimal verlaufen“, räumte Scholten ein. Deswegen wolle er die Fusion weiter „hautnah begleiten“. „Der Fusionsprozess ist fragil, da muss man alle Betroffenen mitnehmen.“ Zudem versicherte er: Die Fahrkarten-Preise werden nach der Fusion stabil bleiben.

Beirätin Sascha Syben-Holtbernd lenkte die Diskussion weg von der Fusion hin auf die alltäglichen Probleme mit dem ÖPNV: „Morgens fahren oft zwei Busse an mir vorbei, weil sie zu voll sind“, ärgerte sie sich. Für die Verkehrsexperten müsse es doch möglich sein, so zu planen, dass so etwas nicht vorkomme. „Den Fahrplan entscheiden die Verkehrsexperten nicht allein“, erwiderte Scholten. Dieser müsse auch politisch diskutiert werden. Am Ende komme dabei etwas anderes als der optimal errechnete Plan heraus.

Brennpunkt Eppinghofen

Bei dem ersten Leserbeiratstreffen vor zwei Jahren sagte Sozialarbeiterin Ulrike Thiele, in der Mülheimer City existierten auch für Frauen keine gefährlichen Ecken. Nun gab sie zu: „An der Auerstraße wird es schnell gruselig.“ Auf dem Schulhof der benachbarten Zunftmeisterschule werde man zudem regelmäßig Zeuge von Drogengeschäften. „Es ist ohne Frage eine problematische Ecke“, so Scholten. „Das Einzige, was hilft, ist dort Präsenz zu zeigen.“ Deswegen würde die Polizei regelmäßig kontrollieren, auch das Rockermilieu habe man im Blick. Für weitere Sicherheit werde zudem die neue Stadtwache an der Ruhrpromenade sorgen, die in wenigen Wochen bezogen werden soll.

Sauberkeit

Der WAZ Leserbeirat ist am Donnerstag, 26.1.2017 zu Gast bei OB Ulrich Scholten.
Der WAZ Leserbeirat ist am Donnerstag, 26.1.2017 zu Gast bei OB Ulrich Scholten. © Oliver Müller

Viele Leser weisen die WAZ-Redaktion regelmäßig auf vermüllte Ecken in Mülheim hin; auch den Leserbeirat beschäftigt das Thema. „Ist es nicht möglich, Mülldetektive oder Kameras an Orten wie der Charlottenstraße einzuführen?”, fragte sich Beirätin Jutta Lüttringhaus. Diese Möglichkeiten habe man noch nicht diskutiert, so der OB. „Leider ist das Hauptproblem nicht die fehlende Kontrolle, sondern das Fehlverhalten der Menschen.”

Stadtsprecher Volker Wiebels ergänzte, die Bemühungen der Stadt würden oft ins Leere laufen. „Wir säubern mancherorts täglich, aber am Abend sieht es wieder genauso aus wie vorher.” Zudem müsse man Verschmutzer „in flagranti erwischen”, um sie gerichtlich belangen zu können.