Mülheim. . Ausnahmekünstlerin Carolin Kebekus kam mit „Alpha Pussy“ in die Mülheimer Stadthalle. Ihr komödiantisches Talent blitzte zu selten auf.

Was erwartet man von einer Solo-Show, die „Alpha Pussy“ heißt? Nicht allein deshalb fingert sich Comedy-Feministin Carolin Kebekus in der Stadthalle durch eine Verbal-Latrine von Obszönitäten: Porno-Dreh mit Mutter? „Geht ja gar nicht, oder?“ Binge-Saufen bei Freunden mit obligatorischer Oralentleerung durch Fensterfliegengitter? Man ahnt: Proll-Sprech ist der johlende Sound der Befreiung. Oder ist das Emanzipation 2.0?

Das wird „Frau“ wohl noch sagen dürfen, also muss irgendwie alles raus, was sich die Kebekus am Donnerstagabend so durch den Kopf gehen lässt. Doch anders als etwa Comedian-Kollege Serda Sumuncu, der das Heraufwürgen innerer Abgründe zum seelenreinigenden Prinzip erklärt hat, besitzt „Alpha Pussy“ oftmals nicht mehr Inhalt als ein Hohenlimburger Herrenabend: Saufen, Bumsen, Furzen und Youporn. Also alles, was im Grunde längst in der gesellschaftlichen Mitte angekommen zu sein scheint – nicht nur im Karneval. Keine Frage: Das Publikum biegt und erleichtert sich darüber vor Lachen. Dennoch mä­an­dert „Alpha Pussy“ weitestgehend ziellos zwischen konsternierender Fremdscham und spießiger Frivolität.

Talent blitzt immer mal durch

Zumindest gilt das für die erste Hälfte des Programms, was schade ist, denn in der Heute-Show und in der eigenen Sendung „Pussy Terror“ zeigt die 36-Jährige der Polit-Welt, wo frau den Hammer hält. Ihr großartiges schauspielerisches, stimmliches und komödiantisches Talent blitzt immer mal durch, wenn sie singt, wenn sie stimmlich gekonnt von null auf gleich in Frauenrollen schlüpft, mal auf schüchtern, mal auf selbstbewusst macht.

Mehr von der Ausnahmekünstlerin gibt’s aber erst nach der Pause. Dann geht’s um das bigotte Bürgertum. Niemand kommt beim IPhone-Klau darauf, die Mitschuld beim Besitzer zu suchen, kontert Kebekus, bei Vergewaltigung hingegen. . . Den „Pay-Gap“, die ungleiche Bezahlung von Mann und Frau, nimmt sie sich anschließend genauso vor, wie die immer noch verkrampfte Sexualmoral, die Frauen von klein auf das Warten auf „den Richtigen“ einbläut. „Wieso dürfen wir Frauen uns eigentlich nicht benutzen lassen?“, fragt sie.

„Wir brauchen mehr Mädels mit Eiern“

Ob die Powerfrau mit ihren ungenierten Verbal-Ejakulaten ein Zeichen für mehr Frauenpower setzt? Kebekus bissige Betrachtungen eines immer noch frauenfeindlichen Zeitgeistes machen ja Lust auf mehr, läuten aber schon das Ende ein. „Wir brauchen mehr Mädels mit Eiern, mehr Alpha Pussies“, knüpft Feministin Kebekus den dürren Faden zum Titel, und genau da macht die Show Sinn – endlich. Zum Abschied lässt die Künstlerin das Publikum begeistert aufstehen: Aerosmiths „Cryin“ kommt vom Band, denn die Band ist zuhause geblieben – dafür aber mit hinreißender Stimme, die die müden Schenkelklopfer verzeihen lässt.

>>> Reihe Kulturgut geht weiter

Die Reihe Kulturgut macht weiter mit starken Frauen: Am 10.2. bittet „Frau Höpker“ am Piano zum Gesang. Einen Tag später (11.2.) erobert „La Signora“ mit dem Akkordeon die Bühne. Herren haben aber auch noch etwas zu sagen: Max Uthoff verlässt „Die Anstalt“ für einen Auftritt am 17.2. in der Stadthalle

Alle Informationen und Kartenvorbestellung unter: www.kulturgut-muelheim.de