Eppinghofen. . Maroof Kordi ist mit seiner Familie aus Syrien geflüchtet und macht in der Bäckerei Lübben eine Ausbildung. Und sein Meister ist ganz begeistert
In der alteingesessenen Bäckerei am Goetheplatz wird noch vor Ort frisch gebacken. Diese Tatsache allein ist in der heutigen Zeit etwas Besonderes. Zudem gibt es dort noch einen Lehrling, der dankbar für seine Lehrstelle und zur Zufriedenheit aller Beteiligten mit großer Freude bei der Arbeit ist. Angesichts der Tatsache, dass Lehrlinge im Backhandwerk selten geworden sind, ist auch dieser Umstand nicht alltäglich. Wenn dieser Lehrling dann noch 35 Jahre alt, verheiratet und Vater dreier Kinder ist und vor drei Jahren aus Aleppo nach Deutschland kam, horcht man auf.
„Ich habe fünf Jahre lang bei Pepsi als Supervisor gearbeitet“, erklärt Maroof Kordi in gutem Deutsch. Er ist gelernter Hotelfachmann, arbeitete vier Jahre in Dubai und weitere zwei Jahre im Vertrieb. Als Pepsi den Standort schloss, sah er sich dazu gezwungen, eine neue Arbeitsstelle zu suchen. Was schwierig war, da er kein Handwerk gelernt hat. Handwerker waren aber gefragt. Als sich die Lage in Aleppo weiter verschlechterte, entschied er sich 2013, mit seiner Familie nach Deutschland zu gehen. Über das Arbeitsamt suchte er online eine Lehrstelle. Für eine weitere Beschäftigung im Vertrieb sei sein Deutsch noch zu schlecht, glaubte er, überlegte und fand die Ausschreibung von Bäckermeister Walter Lübben, der einen Lehrling suchte.
„Gute Lehrlinge sind nur sehr schwer zu finden“, berichtet der. „Als ich Maroofs Bewerbung und seinen Lebenslauf gesehen habe, war mein erster Gedanke, dass er überqualifiziert ist. Aber ich dachte, wir probieren es mal aus und gucken, was dabei rauskommt“, erinnert sich Lübben. „Probier doch mal was Neues. Geh’ einen anderen Weg.“ Sie vereinbarten ein zweiwöchiges Praktikum.
Das ist jetzt eineinhalb Jahre her. Danach war klar, dass der syrische Familienvater seine Ausbildung beginnen kann. „Der Mann ist fähig. Er überblickt die Sache, ist immer lernwillig, sehr hilfsbereit, zuverlässig und immer gut gelaunt. Ich bin sehr zufrieden mit ihm“, sagt der Bäckermeister über seinen Lehrling Im Januar steht für Kordi seine Zwischenprüfung an. Sein Chef sieht der Prüfung seines Lehrlings ausgesprochen gelassen entgegen. „Ohne Bedenken!“
So macht sich Maroof Kordi nun jeden Morgen per Fahrrad auf den Weg ins elf Kilometer entfernte Dichterviertel. Öffentliche Verkehrsmittel fahren noch nicht, wenn er um kurz vor Drei aus der kleinen Wohnung aufbricht, in der er mit seiner Frau und den drei Kindern lebt. Neun und sieben Jahre sind die beiden Großen alt, gerade sechs Wochen der jüngste Familienzuwachs.
Wie und wo stellt er sich seine Zukunft vor? „Ich möchte meine Lehre gut abschließen und wenn Syrien wieder in Ordnung ist, dorthin zurückgehen.“ Er könne sich durchaus vorstellen, sich selbstständig zu machen. Auch sein Chef will den beschrittenen Weg weitergehen. So sei einer seiner Mitarbeiter aus Rumänien, eine Praktikantin Chinesin und eine weitere Spanierin. „Wir sind international und ich würde gerne noch einen Algerier als Produktionshelfer einstellen“, erklärt er. Doch da mache ihm das Arbeitsamt bisher einen Strich durch die Rechnung. „Bevor die Jungs in ihren Unterkünften herumdösen, können die besser in kleinen Unternehmen Erfahrungen sammeln.“ Bäckermeister Walter Lübben wird sich weiter mit der deutschen Verwaltung befassen.